Keine Grabsteine aus Kinderarbeit

Auf Erkrather Friedhöfen sollen keine Steine stehen, die in Indien, Brasilien oder anderen Ländern von Kindern hergestellt wurden.

Keine Grabsteine aus Kinderarbeit
Foto: Pütter

Erkrath. Eines der größten Vorkommen an Natursteinen weltweit befindet sich in Indien. Im Süden des Landes wird unter anderem Granit für Grabsteine abgebaut, aber auch Pflastersteine, die in deutschen Städten liegen, kommen aus Indien. In den vergangenen Jahren haben Hilfsorganisationen immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass in indischen Steinbrüchen auch Kinder beschäftigt werden, die bei bis zu 45 Grad im Steinbruch arbeiten müssen. Die Verletzungsgefahr ist hoch, es soll keinen Lärmschutz gegen die lauten Presslufthämmer geben. Dazu kommt, dass die Lebenserwartung der Kinder aufgrund des ständigen Einatmens von Steinstaub nicht besonders hoch ist. In Deutschland weiß man von diesem Problem seit langem. Auch in Ländern wie Brasilien, China, Vietnam sowie auf den Philippinen ist Kinderarbeit beim Abbau von Steinen nicht ausgeschlossen. Was hat das nun mit den Friedhöfen in Erkrath zu tun?

Die Stadt hat nun ihre Satzung für die städtischen Friedhöfe angepasst. Neu aufgenommen sind etwa Passagen, in denen das Spielen, das Übernachten und das Betteln auf den Friedhöfen verboten ist. Doch es gibt noch eine Regelung, die noch keinen Eingang in die neue Friedhofsatzung gefunden hat. Im Bestattungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen gibt es einen Absatz (§ 4a), nach denen das Aufstellen von Grabsteinen verboten ist, bei denen der Verdacht der Anwendung von ausbeuterischer Kinderarbeit besteht. Allerdings gibt es ein Problem, was die Umsetzung des Landesgesetzes in den Kommunen angeht. Denn rein faktisch ist es derzeit nicht nachvollziehbar, woher die Grabsteine geliefert werden. Der Gesetzgeber schreibt allerdings ein Prüfverfahren vor: Auf der ersten Stufe soll der Herkunftsnachweis mit einer Positiv-Liste von Staaten abgeglichen werden, in denen schlimmste Formen von Kinderarbeit nicht auftreten.

Ist der Herkunftsstaat Bestandteil der Positiv-Liste, kann das Material ohne weiteres zur Verwendung freigegeben werden. Ist der Herkunftsstaat nicht Bestandteil der Positiv-Liste, soll auf der zweiten Stufe eine Zertifizierung im Einzelfall durch eine anerkannte Zertifizierungsstelle erfolgen. Das Problem: Bislang existiert allerdings weder eine Positiv-Liste noch eine anerkannte Zertifizierungsstelle.

Um diesen Zustand zu ändern, gab die Landesregierung in den Jahren 2015 und 2016 mehrere Gutachten in Auftrag, um solche Staaten zu identifizieren, die in wesentlichem Umfang in Betracht kommendes Material nach Deutschland exportieren und in denen die Existenz schlimmster Formen von Kinderarbeit nicht ausgeschlossen erschien.

Es liegen nunmehr Gutachten vor, die zu dem Ergebnis kommen, dass für Brasilien, China, Indien, Vietnam sowie für die Philippinen in der Tat nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei der Herstellung von Natursteinmaterial schlimmste Formen von Kinderarbeit vorkommen.

Demnach ist grundsätzlich damit zu rechnen, dass aus diesen Ländern eingeführte Grabmäler und Grabeinfassungen aus Naturstein künftig nur noch bei Zertifizierung der Unbedenklichkeit im Einzelfall verwendet werden dürfen. Das Problem: Wer kontrolliert die Kontrolleure? Wie kann kann man verhindern, dass Siegel gefälscht werden?

Satzungsbestimmungen zur Umsetzung des Gesetzes in Erkrath können jedoch sinnvollerweise erst nach Vorliegen der Positiv-Liste und der Einrichtung einer anerkannten Zertifizierungsstelle eingepflegt werden, so die Verwaltung im Rat.

Reinhard Knitsch von den Grünen setzte sich dafür ein, dass man in Erkath keine Grabsteine, die aus Kinderarbeit gefertigt sind, auf den Friedhöfen aufstellen darf. Selbst als kleine Kommune müsse man ein Signal setzen, dass man so etwas nicht akzeptiere.

Es gebe Berichte von Hilfsorganisationen, nach denen mehr als die Hälfte aller deutschen Grabsteine aus Indien stammen sollen. Der Vorteil dieser Steine: ihr Preis. Sie sind bis zu einem Drittel günstiger. Wolfgang Jöbges von der CDU sagte, als Gemeinde seien einem die Hände gebunden. So lange es keine Positiv-Listen gebe, könne man nichts tun. Nun sei erneut der Gesetzgeber gefragt, so Jöbges weiter.

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