Julia Schütze: Der Frauenchor ist ihre Großfamilie

Julia Schütze ist mit 28 Jahren jüngste Mitsängerin im Frauenchor Hochdahl. Singen bedeutet ihr viel.

Julia Schütze: Der Frauenchor ist ihre Großfamilie
Foto: Janicki

Erkrath. So wie Julia Schütze aussieht, würde man sie eher in einer Indie-Band als Leadsängerin vermuten als im Frauenchor Hochdahl: Strickmütze auf dem langen Haar, schwarze Brille und enge Jeans. „Ich würde auch gerne in einer Band singen“, sagt die junge Sopranistin des Frauenchores. Doch die 73 Sängerinnen, von denen sie mit 28 Jahren die jüngste ist, würde sie deshalb nie verlassen. „Das ist meine Großfamilie“, sagt sie von den Damen, die ihre Mütter sein könnten.

Seit zwei Jahren probt die Erkratherin kontinuierlich jeden Mittwoch im St.-Franziskus-Haus mit dem Chor für Auftritte, wie beispielsweise den morgen im Lokschuppen. Singen und Musik sind ihr Leben. „Als ich 14 war, sagte meine Oma: Kind, Du hast so eine schöne Stimme. Du musst in einen Chor gehen.“ Das war damals in Waren am Müritzsee. Später zog Julia um nach Erkrath. Und da war es die Mutter des Freundes, die nach dem Einblick in Julias Noten begeistert feststellte: „Du beherrschst ja die Hälfte des Repertoires des Hochdahler Frauenchores. Das war vor zwei Jahren.

Außer dem familiären Beisammensein von drei Generationen im Chor schätzt Julia, dass sie hier ihre Stimme in Seminaren und Workshops weiterbilden kann und natürlich den Chorleiter Thomas Gabrisch, der Professor an der Robert Schumann-Hochschule ist. „Hier singe ich von allem was, mal Klassik, mal Oper, mal Pop“, erzählt sie, „vom Chor der Hexen aus Macbeth über das Zigeunermädchen bis ABBA und Elton John.“

Singen bedeutet der Erzieherin, die in Wuppertal arbeitet, viel. Am liebsten hätte sie die Musik zum Beruf machen. „Aber für eine professionelle Karriere als Sängerin ist es einfach zu spät“, sagt sie. „Doch im Kindergarten hat man ja auch viel mit Musik zu tun.“ Daneben spielt Julia klassische Gitarre.

Singen — das bringt ihr einen freien Kopf nach einem stressigen Tag, das lässt sie zur Ruhe kommen. „Musik heilt alles“ — lautet ihr Leitsatz. „Die höre ich, wenn ich zur Arbeit fahre, um wachzuwerden, und wenn in der Familie was passiert ist, zum Verarbeiten. Singen gibt mir neuen Mut und neue Motivation.“

Wenn sie könnte, wie sie wollte, wären Musicals ihre Favoriten im Chor: „Tanz der Vampire“ und „Rocky Horror Picture Show“ beispielsweise. Doch eine Gänsehaut bekam sie auch beim gemeinsam vorgetragenen Carmina Burana in der Stadthalle in Erkrath. „Manchmal“, sagt sie, „verdrückt man sich sogar als Sänger ein Tränchen, so ergreifend ist es.“

Obwohl Julia Schütze für ihren Chor im Bekanntenkreis Reklame macht, lassen sich nur wenige junge Leute nachhaltig begeistern. „Manche trauen sich einfach nicht, zu singen. Da kann ich nur sagen, einfach kommen und ausprobieren, wir geben jegliche Hilfestellung“, sagt sie. Denn ein paar junge Sängerinnen mehr in der „Großfamilie“ würden nicht nur Julia, sondern auch den übrigen Damen gefallen. Allerdings müssten sie auch bereit sein, regelmäßig einmal wöchentlich zu den Proben zu erscheinen.

Nicht zuletzt fördert Singen auch die Intelligenz, wie jeder weiß, sagt Julia Schütze. Und deshalb sei es immer ein Gewinn. — Zumal der Hochdahler Frauenchor auch noch in vielen Sprachen singt: italienisch, spanisch, französisch, englisch, lateinisch und sogar chinesisch.

„Noten benennen“ kann Julia übrigens nicht. „Ich weiß, wo es rauf und wo runter geht“, sagt sie, „aber sonst singe ich nur nach Gehör.“ Und das klappt offenbar vorzüglich und sollte auch Neuligen Mut machen, es im Chor zu versuchen.

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