Futter lockt die Auerochsen an

In dem Wildgehege sind Tiere untergebracht, deren Vorfahren schon in der Eiszeit lebten. Pflegerinnen kümmern sich um sie.

Erkrath. So früh verschlägt es kaum jemanden ins Neandertal. Sogar Jogger verirren sich gegen 7 Uhr eher selten hierher. Dafür haben sich die Auerochsen und die Tarpane von der Hochdahler Seite des Hangs aus auf den Weg zum Auerochsenstall im Eiszeitlichen Wildgehege gemacht.

Hier warten sie jeden Morgen auf Hegemeisterin Gabriele Meiser oder ihre Kollegin Hanna Walter, denn eins wissen die Tiere ganz genau: Eine der beiden bringt ihnen ganz gewiss das „Frühstück“. Sobald die Rinder die Frauen und ihre Hunde wittern, begrüßen sie sie mit einem freudigen Muhen. „Die haben Hunger“, lacht Meiser, „und warten schon auf uns.“

Neben Heu verteilt sie eine Schubkarre voll Kraftfutter-Pellets, die speziell auf den Ernährungsbedarf der Auerochsen abgestimmt sind, in den Trögen. „Besonders die weiblichen Tiere, die noch Milch geben, brauchen das“, erklärt sie. Unterschiedliche Witterungsverhältnisse — starke Hitze oder Temperaturen um den Gefrierpunkt und Regen — und das hügelige Gelände bedeuten Stress und somit erhöhten Energieverbrauch für die Tiere.

Im Sommer machen auch Insekten den Auerochsen, Wisenten und Tarpanen zu schaffen. Bis Anfang August hatten die Tiere schon in den frühen Morgenstunden mit unzähligen lästigen Bremsen zu kämpfen. Erst die starken Regenfälle beendeten die Bremsenplage und brachten Linderung für die Huftiere. 33 Auerochsen und fünf Tarpane weiden derzeit gemeinsam in dem über 20 Hektar großen Gehege im Neandertal.

Zwei Wisente sind auf einer separaten Weide untergebracht. Für die weiblichen Auerochsen gibt es zudem eine Ausweichfläche: Die Heranwachsenden stehen bis sie gut zweieinhalb Jahre alt sind (und der eigene Vater als Zuchtbulle von einem anderen „abgelöst“ wird) auf den Wiesen des Naturschutzzentrums Bruchhausen — wo sie übrigens im Alter wieder hindürfen: „Nach der Geburt von gut zwölf bis 15 Kälbern dürfen die alten Damen auf der ‘Rentnerwiese’ ihren ‘Ruhestand’ genießen“, sagt Meiser. Seit 24 Jahren arbeitet die ausgebildete Pferdewirtin und Pädagogin als Hegemeisterin im Wildgehege und kennt ihre Tiere ganz genau.

Bei der Fütterung haben übrigens die Jungtiere Vorrang: Sie dürfen als erste zu den gefüllten Futtertrögen und passen problemlos unter den Holzbalken hindurch, die den Rest der Herde zunächst von der Futterstelle trennen. Die älteren Rinder müssen erst einmal warten, dann dürfen sie eines nach dem anderen durch ein Eisengatter ebenfalls zum Futter.

„Die Tiere werden hier automatisch gezählt“, erklärt Hanna Walter die Funktion des Eisenkonstrukts und Gabriele Meiser fügt hinzu: „Fehlt eines, müssen wir es suchen.“ Dabei bedeute das Fehlen eines Rindes nicht zwangsläufig, dass es verletzt oder krank sei. „Vielleicht kalbt es gerade“, nennt die Hegemeisterin die freudigere Alternative.

Auch zur Tarpanherde zählt derzeit ein Fohlen aus diesem Frühjahr. Zwei ältere Stutfohlen wurden kürzlich verkauft. Um Inzucht zu vermeiden, können die geschlechtsreifen weiblichen Tarpannachkommen nicht in der kleinen Herde bleiben.

Und auch bei den Wisenten könnte es demnächst wohl regelmäßig Nachwuchs geben. Derzeit grasen im Wildgehege nur noch zwei betagte Kühe. Doch die Weichen für ein Zuchtprogramm zur Arterhaltung sind gestellt.

Im Gegensatz zu Auerochse und Tarpan, die beides Rückzüchtungen sind, haben die Wisente noch ihr Ur-Erbgut. Geplant ist, die Zucht mit vier Jungtieren zu starten und die eigene Herde nach und nach auf einen Bestand von zehn Tieren zu erweitern.

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