Aus Langeweile greift sie zur Feder

Die Erkratherin Anne Pöttgen schreibt mit 85 Jahren Krimis mit Gänsehautgarantie.

Aus Langeweile greift sie zur Feder
Foto: Stephan Köhlen

Erkrath. Hier schreibt sie also: Ein aufgeräumter kleiner Arbeitstisch mit Laptop im sechsten Stock einer sehr gediegenen Wohnanlage für Senioren, aus dem Fenster ein unverstellter Blick in die Ferne, jedenfalls bei klarem Wetter. An der Wand hohe Regale mit Büchern, daneben ein schmales Bett. „Wenn es mal nicht fluppt mit dem Schreiben oder ich etwas nicht plausibel finde, lege ich mich einfach ein bisschen hin und entspanne. Danach läuft es wieder“, erzählt die ehemalige Steuerberaterin, die sich im Alter ganz dem Schreiben von Kriminalgeschichten, nun ja, verschrieben hat.

Seit sie im Hochdahler Rosenhof lebt und dort umsorgt wird, hat die gebürtige Düsseldorferin Kopf und Hände frei für das, was sie bescheiden „Gebrauchstexte mit Unterhaltungsanspruch“ nennt. Eine Künstlerin sei sie nicht, aber kreativ und schreiblustig. Die Veranstalter der Lesung, bei der sie heute Abend kurze Geschichten aus ihrem Bändchen „Mörder haben gute Gründe“ vorstellt, haben sie werbewirksam zu „Erkraths Miss Marple“ ernannt. Anne Pöttgen findet das ganz lustig und natürlich ist es ein Ehrentitel — wer mag sie nicht, die rüstige, ungemein gebildete, clevere und stets gut angezogene alte Dame des englischen Krimis. Wie deren Schöpferin Agatha Christie schickt auch Anne Pöttgen eine betagte, kompakte Ermittlerin ins Rennen, Ruth Bergmann, der allerdings eine junge Assistentin zu Seite steht — eine mit Alkoholproblem, denn das hat Anne Pöttgen beim Krimischreibseminar in Hillesheim gelernt: Alle, auch die noch so sympathischen Figuren im Text, müssen einen Makel haben, der sie interessant macht und dabei hilft, spannende Geschichten zu entfalten. Das ist ihr Tagwerk, obwohl sie eigentlich ein Nachtmensch ist, dem „morgens einfach nichts einfällt“. Dafür liest sie dann mehrere Zeitungen und arbeitet ihren Stapel ungelesener Bücher ab, darunter viel Sachliteratur, denn für ihre Krimis braucht sie ein oftmals lokalgeschichtliches Fundament, das dann locker und ohne erhobenen Zeigefinger eingearbeitet wird in die Krimihandlung — etwa die frühmittelalterliche Fernstraße Strata Coloniensis, die die heimische Sedentaler Straße kreuzt.

Ihre Fans können auf weitere spannende Lektüre hoffen, denn ans Aufhören denkt Anne Pöttgen noch lange nicht. Die Verfasserin, die einst mit dem Schreiben anfing, weil sie sich im Ruhestand nicht langweilen wollte, freut es, denn „im Alter hat man ja wenige Erfolgserlebnisse“.

Alle ihre Bücher findet man im Internet sowie in der Buchhandlung Weber am Hochdahler Markt. Wer sie live erleben will: Heute liest sie um 19.30 Uhr gemeinsam mit Düssel-Krimi-Schöpfer Jörg Marenski im Irish Pub in Langenfeld, Solinger Straße 2.

annepoettgen.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort