Einmal Neandertaler sein

Vom Feuermachen bis zum Speerschleudern: Die Mitmachaktionen zeigten, wie anstrengend das Steinzeitleben war.

Mettmann. Heutzutage werden Probleme häufig mit dem Computer gelöst: Man gibt bei Google oder Wikipedia einen Suchbegriff ein und schon weiß man Bescheid. Wenn der Neandertaler ein Problem hatte, musste er sich selbst auf die Suche machen. Ihm wurde nichts vorgesetzt, er war verpflichtet, zu experimentieren. Der Steinzeitmensch war aktiver als der Homo sapiens. Und pragmatischer. Das sind zwei Erkenntnisse, die das Fest des Neanderthal Museums am Wochenende hervorbrachte.

Im Museumsgarten sowie an der Fundstelle zeigten Handwerker und Mitglieder des Fördervereins in Mitmachaktionen, wozu man als Neandertaler imstande sein musste: vom Feuermachen bis zum Speerschleudern. Mit dabei war eine Familie aus Haan: Ulrike Breitländer und Olaf Zenke mit Tochter Hannah (4) und zwei Gästen, Amelie (10) und Nina (11). „Wir sind zum ersten Mal auf dem Sommerfest, das Museum haben wir schon mehrfach besucht“, sagt Zenke. Er schätze die Einrichtung wegen der erlebnisorientierten Gestaltung: „Wenn da einfach Knochen liegen würden, wäre es langweilig.“

Amelie und Nina flechten erst einmal Armbänder aus Flachs. Fisselsarbeit. „Dazu fehlt mir die Geduld“, sagt Ulrike Breitländer. Vorbei am Steinzeitbäcker geht es zur Fundstelle. Den Schmied und seinen Amboss lassen sie links liegen. Ist eher so ‘ne Jungssache.

Im Gegensatz zum Beautystudio: „Wollt ihr auch ein Steinzeit-Tattoo?“, fragt Zenke; Tochter Hannah hat nämlich schon eins. Motiv: Mann auf Pferd. Amelie und Nina entscheiden sich für ein Mammut. Unter Anleitung von Mareike Holtkamp vom Förderverein tupfen sie sich durch eine Vorlage rote Pigmentfarbe auf die Haut.

Gegenüber steht der Pavillon der Falknerei Köln. Sie hat einen Falken mitgebracht, der erst im Mai geboren wurde. „Voll süß“, findet Amelie, hat aber schon den Mitmachzirkus im Auge, der zum artistischen Intermezzo einlädt: Hochseil, Stelzenlauf, Einrad, Hula-Hoop.

Am Ende des Evolutionspfades wartet die Königsdisziplin auf die Nachwuchs-Neandertaler: Bogenschießen. Als Ziele stehen ein Büffel und ein Hirsch zur Wahl — allerdings nur als Foto. Nina und Amelie stellen sich in die Schlange, denn Bogenschießen ist begehrt. „Wenn man sein Fleisch selbst jagen müsste, würde wohl erheblich weniger Fleisch gegessen, dann bräuchte man über einen Veggie-Day nicht zu diskutieren“, sagt Olaf Zenke. „Ich glaube, mit dem Jagen hätten die wenigsten Probleme, eher mit dem Zerlegen.“

Amelie ist mittlerweile bei Wilma Lang angekommen, die ihr den Holzbogen in die Hand drückt: „Es sieht einfach aus, die Bewegungen zu koordinieren, ist es aber nicht“, sagt Lang, erzählt vom rechten Winkel und Spannung bis in die Wangenknochen. „Wenn ihr trefft, gibt’s nachher Hirschbraten!“, ruft Olaf Zenke. Flapp. Der Pfeil fällt wenige Meter vor dem Ziel zu Boden. Verhungern müssen sie trotzdem nicht, denn Zenke hat einen Kiosk im Rucksack: Brezeln, Wasser, Weintrauben, Fruchtgummi, alles da.

„Die Besucher können mit Dingen in Berührung kommen, die unsere Vorfahren vor vielen tausend Jahren gemacht haben“, sagt Wilma Lang, die sich seit 1968 für das Museum engagiert. „Was wir durch die Aktionen vermitteln wollen, ist Respekt, zu begreifen, was man können musste, um sein tägliches Brot zu erwerben. Das sind ganz andere Fähigkeiten als heute vor dem Computer zu sitzen.“

Das Angebot funktioniert: „Die Kinder sind begeistert und ich bin richtig erschöpft“, sagt Lang. Bei Familie Breitländer und Zenke ist von Ermüdung keine Rede: „Wir reizen das bis zum Schluss aus“, sagt Ulrike Breitländer. „Schließlich braucht man schon drei Stunden, um alle Aktionsstände zu schaffen.“

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