Eine Nacht in der Notaufnahme: Narren unter der OP-Lampe

Reportage: Schnittwunden, Verstauchungen und eine gebrochene Nase: WZ-Redakteurin Ines Arnold hat die Rosenmontags-Nacht in einer Krankenhausambulanz verbracht.

Monheim. Die Wanduhr im Flur zeigt 19.10 Uhr, als Krankenschwester Olga Ludwig die 21-Jährige auf einer Liege in die Notaufnahme des Monheimer St. Josef Krankenhauses schiebt. „Das ist ja so peinlich“, lallt die junge Frau und vergräbt die geröteten Wangen in den Handflächen.

Ihr Haarreif mit den pinken Katzenohren hängt schief, die schwarze Strumpfhose wirft Falten. „Geht ruhig weiterfeiern, ihr müsst hier nicht warten“, ruft sie ihren verkleideten Freunden zu. Doch als der Arzt in den Raum tritt, überlegt sie es sich anders. Das hysterische Lachen weicht weinerlichem Quengeln. Ihre Freundin soll sich ans Krankenbett setzen und ihre Hand halten.

„Wie viel haben Sie denn getrunken?“, fragt Dr. Jesus Iriarte, der diensthabende Chirurg, und stellt sich vor die junge Frau. „Genug“, antwortet sie mit einem Lachen und lenkt die Aufmerksamkeit auf ihr Bein. Am Vortag sei sie umgeknickt, das Feiern während des Rosenmontagszugs sei dann doch zu viel gewesen.

Der Arzt untersucht das provisorisch verbundene Knie und bewegt es in alle Richtungen. „Sie haben einen Rettungswagen gerufen?“, fragt er. „Das ist ja auch das schönste und teuerste Taxi“, sagt er mit einem süffisanten Unterton und entscheidet, das Bein röntgen zu lassen.

Für Krankenschwester Olga Ludwig ist es der erste Rosenmontagsdienst. Kollegen haben sie vorgewarnt, sie solle sich auf eine harte Schicht einstellen. Doch bisher hat sie nur „eine Schnittverletzung an der Hand reinbekommen“.

Ihre Schicht begann um 13.30 Uhr. Auch am Freitag hat sie gearbeitet, schon da sei viel los gewesen. „Der Hitdorfer Karnevalszug“, sagte die 27-Jährige. Der jüngste Betrunkene mit zwei Promille war 13 Jahre alt. Ihre Kollegin Ute Knoop (52) hat ihre heutige Schicht als Rettungskraft beim Deutschen Roten Kreuz bereits hinter sich. Sie stand zum 37. Mal am Rande des Rosenmontagzugs.

„Es gab Zeiten, da war die Notaufnahme bereits während des Zugs mit Betrunkenen überfüllt. Die schliefen ihren Rausch aus und waren um 20 Uhr wieder auf den Beinen“, sagt sie. „Da wurde dann aber meist nur Bier getrunken. Heute sind es die Jüngeren, die sich mit den harten Sachen zuknallen.“

Doch in dieser Nacht wird niemand seinen Rausch ausschlafen. Es bleibt bei Karnevalsunfällen: Einer 44-jährigen Frau ist während des Rosenmontagzugs ein Auto über den Fuß gerollt. Der Fahrer ist geflüchtet. „Es ist nichts gebrochen, nur geprellt“, sagt Olga Ludwig, während die Frau im Piratenkostüm ihrem Freund entgegen humpelt.

„Mein Pechfuß“, schallt es durch das Behandlungszimmer 2. Eine 18-Jährige ist am Nachmittag beim Feiern umgeknickt. „Als ich das letzte Mal in Monheim im Krankenhaus war, hatte ich mir den Fuß gebrochen“, sagt die Solingerin. Doch nach der Röntgenaufnahme ist sie erleichtert. Eine Schiene reicht, um die überdehnten Bänder ruhigzustellen.

Um 22 Uhr herrscht Stille auf dem Flur der Notaufnahme. Zeit für den Papierkram. Erst nach Mitternacht bekommen Chirurg Iriarte und Krankenschwester Ludwig wieder Besuch: Bei einer Massenschlägerei wurde einem jungen Mann das Nasenbein gebrochen, zwei Männer haben schwere Prellungen davongetragen.

Für Olga Ludwig ist die Schicht um 8 Uhr morgens beendet. „Ein Dienst wie an jedem Wochenende“, sagt sie.

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