Ein Kaufhaus für alle Fälle

In der schönen neuen Shopping-Welt ist „Gassmann“ ein Exot: Das Geschäft in Velbert-Neviges bietet noch alles unter einem Dach.

Velbert. Staubsaugerbeutel, Glühlampen, Lego-Steine, Geschirr, Baby-Söckchen, Haushaltsreiniger, Schulhefte, Haarshampoo, Puzzles, Nägel und Schrauben, Filzstifte, Töpfe, Pferdebalsam — es gibt fast nichts, was es bei „Gassmann“ nicht gibt. „Gassmann“ ist ein Fossil in der heutigen Einkaufswelt, und ein quicklebendiges dazu. Ein bisschen Haushaltswaren, ein bisschen Spielwaren, etwas Mode, die wichtigsten Kurzwaren, einige Elektroartikel — in dem Kaufhaus alter Prägung scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Im Zeitalter großer Einkaufszentren und „Shopping-Malls“ hat es mittlerweile Seltenheitswert. Vergleichbare Häuser haben in den vergangenen Jahren reihenweise ihre Pforten schließen müssen.

Nicht so „Gassmann“. Seit 13 Jahren bietet das Kaufhaus im Velberter Stadtteil Neviges sein Vollsortiment an und hat sich bei der Bevölkerung zum unverzichtbaren Versorger gemacht. „Ich möchte das Geschäft nicht missen. Irgendeine Kleinigkeit braucht doch man immer. Und die gibt’s dann hier“, sagen Bärbel und Hans-Otto Kramp, die regelmäßig „nach Gassmann“ gehen, wie man hier sagt. „Die Sachen sind ein bisschen teurer, aber sonst müssten wir nach Velbert fahren.“ Auch Marianne Lehmann ist seit Jahren Kundin. „Wir sind froh, dass wir das Geschäft hier haben“, sagt sie. Hier bekomme sie Spielsachen für ihre Enkel, aber auch Schreibwaren, Elektroartikel, eben „alles, was man so braucht“.

Einige Meter Schaufensterfront und ein paar Drahtkörbe im Eingangsbereich — mehr Werbung braucht es nicht, um die Kundschaft auf die recht überschaubare Verkaufsfläche im Erdgeschoss zu locken, zumal „Gassmann“ verkehrsgünstig direkt am Beginn zur Fußgängerzone liegt. Die beste Werbung für das Kaufhaus ist sein Sortiment. Denn Gassmann hat, was andere nicht (mehr) haben — und alles auf einer Ebene. Die Treppe in den ersten Stock ist zugestellt, oben ist das Lager untergebracht.

„So ein Haus gibt es doch kaum noch. Überall nur diese Ein-Euro-Läden. Es ist traurig, dass die Städte sich damit selbst abwerten“, erklärt Bernd Münnich. Der Wuppertaler kommt regelmäßig nach Neviges zum Wochenmarkt und schaut dann auch bei Gassmann rein. „Irgendwas braucht man ja immer.“ Auch Werner Köther geht öfter „einfach nur so“ an den vollen Regalen entlang, um sich zu informieren und zu schauen, „was ich brauche.“

Die meisten Kunden schätzen auch die ruhige, fast familiäre Atmosphäre. Man kennt das Personal, und bei Fragen hilft auch gerne die Filialleiterin weiter. Florentine Müller ist von Anfang an dabei. „Ich glaube, die Leute fühlen sich hier ganz wohl“, sagt sie und blickt von ihrem kleinen Schreibtisch auf. Das winzige Büro hinter dem Verkaufsraum ist bescheiden eingerichtet: ein kleiner Schreibtisch mit Telefon, Regale mit Ordnern, ein Kopiergerät. Am liebsten ist sie aber im Verkaufsraum — bei den Kunden.

Außer Florentine Müller gibt es noch eine festangestellte Kraft. Zehn Mitarbeiter helfen stundenweise auf 400-Euro-Basis aus oder sind Schüler. Die zeichnen nach der Schule Artikel aus und bessern sich ihr Taschengeld auf.

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