Die Chance, selbst Boss zu sein

Tausende Firmen suchen in den nächsten Jahren einen neuen Eigentümer. Thomas Troullidis hat es gewagt und die BSS Röhren GmbH übernommen.

Kreis Mettmann. Einige würden Thomas Troullidis vielleicht für verrückt erklären: Er hatte einen sicheren Arbeitsplatz als Geschäftsführer bei einem internationalen Konzern in der Stahlbranche, war als solcher verantwortlich für 2500 Mitarbeiter und verdiente ein Spitzengehalt, mit dem er sich und seiner Familie fast alle Wünsche erfüllen konnte.

Und trotzdem wollte er das alles nicht mehr. „Es gab den Zeitpunkt, an dem ich mehr Freiheit haben wollte für mich und meine Familie“, sagt der 44-Jährige.

Und so entschied sich Troullidis, den Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen — und übernahm 2009 die BSS Röhren GmbH in Hilden. „Ich wusste, dass das Unternehmen einen Nachfolger sucht, der es kauft.

Denn der Konzern, bei dem ich vorher gearbeitet hatte, hatte Interesse, entschied sich dann aber anders“, erzählt der Geschäftsmann. Er habe dann Kontakt zum Eigentümer aufgenommen und alles in die Wege geleitet, um die Nachfolge perfekt zu machen — zum Beispiel Banken abgeklappert, um die Finanzierung zu sichern, die wirtschaftliche Sitution des Unternehmens analysiert und mit dem Eigentümer verhandelt.

Unternehmensübernahmen wie im Fall der BSS Röhren GmbH werden in den kommenden Jahren immer häufiger werden. Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn schätzt, dass es auf Landesebene bis 2014 mehr als 24 000 sein werden. Grund ist der demografische Wandel: Immer mehr Eigentümer gehen in den Ruhestand.

Der Sprecher der Handwerkskammer Düsseldorf, Alexander Konrad, geht davon aus, dass im Kreis Mettmann in den kommenden fünf Jahren 5500 Unternehmen einen neuen Chef haben werden — vorausgesetzt, es findet sich einer. Denn dies ist nicht immer so einfach.

„Eine Übernahme ist auch ein Risiko, und zuerst muss auch die Finanzierung stehen“, sagt Konrad. Allerdings könne er aus Erfahrung sagen, dass eine Übernahme in den meisten Fällen erfolgreich verlaufe, wenn sie von Experten begleitet wird.

„Dabei ist es aber nicht nur wichtig, den Nachfolger zu beraten. Wir sind auch schon lange vor dem Verkauf mit dem Eigentümer in Kontakt. In der Regel schreiben wir die Inhaber schon ab dem 53. Lebensjahr an“, sagt Konrad. Denn eine Übernahme könne ein Prozess sein, der sich über Jahre hinzieht.

Dies war bei Troullidis nicht der Fall. Hürden hatte er trotzdem zu überwinden, vor allem auch, weil er das Unternehmen mitten in der Wirtschaftskrise übernommen hat. „Da habe ich viele schlaflose Nächte gehabt. Ich musste die Firma erst wieder auf Kurs bringen“, sagt er.

Dazu gehörten etliche Gespräche mit Banken, die nicht immer einfach waren. „Zudem musste ich mich von einem Drittel der Belegschaft trennen,“, sagt er. „Und das macht man als frischer Eigentümer eines Unternehmens auch nicht gerne. Das schürt Ängste beim Rest der Belegschaft.“

Die Schritte seien aber nötig gewesen. „Jetzt schreiben wir wieder schwarze Zahlen. Wir können zufrieden sein.“ Den Schritt, das Unternehmen übernommen zu haben, hat Thomas Troullidis nicht bereut. Aber er würde nicht jedem dazu raten.

„Das ist eine individuelle Entscheidung. Für mich passte es. Aber klar ist: Wer meint, er muss ein guter Verkäufer sein und das reiche aus, um als Unternehmer erfolgreich sein zu können, irrt sich. Es geht darum, betriebswirtschaftlich zu denken und Mitarbeiter zu führen.“

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