Der Kreis ME ist keine Insel

Die Rezession erreicht die Wirtschaft im Kreis. Aber noch ist die aktuelle Lage besser als die gefühlte.

Kreis Mettmann. Diese Krise ist seltsam. Alle Welt redet von Rezession. Aber bei den allermeisten Haushalten in Deutschland kommt davon bisher nichts an. Der Beschäftigungsstand zum Anfang des Jahres ist laut Industrie- und Handelskammer (IHK) immer noch einer der höchsten in der Geschichte der Bundesrepublik gewesen.

Geschäftsklima-Index auch im Kreis Mettmann gesunken

Das gilt natürlich auch für den Kreis Mettmann. Aber der Standort ME ist industriell geprägt, lebt von Mittelständlern, die Autokonzerne weltweit beliefern, und ist deshalb so etwas wie ein Seismograph für die wirtschaftliche Entwicklung. Nun zeigt er schwere Zeiten für die Region an. Die jüngste Umfrage der IHK-Düsseldorf für den Kreis Mettmann lässt keinen anderen Rückschluss zu. Der IHK-Konjunktur-Experte Gerd Diestler zierte sich am Donnerstag zunächst, das Wort Rezession in den Mund zu nehmen. Aber letztlich ging es ihm doch über die Lippen, weil die Zahlen keine andere Sprache sprechen.

Demnach ist der Geschäftsklima-Index innerhalb von nur vier Monaten gegen Ende des vergangenen Jahres um mehr als die Hälfte auf 63 Punkte gesunken. "Auch für den weiteren Jahresverlauf sind die Unternehmen im Kreis Mettmann pessimistisch", sagte Diestler. Nicht einmal jeder zehnte Betrieb rechne noch damit, dass es im Jahr 2009 wieder aufwärts gehe. Die aktuelle Lage sei gleichwohl noch besser als die Erwartungen.

Genau das macht die Krise für die meisten Menschen so schwer nachvollziehbar. In den Zeitungen, auf allen Fernsehkanälen, im Rundfunk vergeht kein Tag ohne neue Hiobsbotschaften. In den USA steigt die Arbeitslosigkeit wie selten zuvor, in China finden selbst gut ausgebildete Leute keine Beschäftigung, ganz zu schweigen von den vielen Wanderarbeitern. In Deutschland machen die Insolvenzen von Schiesser, Hertie oder auch Märklin Schlagzeilen. Kurzarbeit feiert Renaissance.

Die Privathaushalte in Deutschland spüren von all dem bisher nichts. Die Abwrackprämie für Altautos hat so eine große Nachfrage ausgelöst, dass bestimmte Hersteller Kleinwagen schon nicht mehr liefern können. Gleichzeitig sind die Energiekosten so niedrig wie schon lang nicht mehr. Die Preissteigerungsrate ist dadurch auf 0,9 Prozent gesunken.

Für den Bezirk der IHK-Düsseldorf bedeutet das laut Diestler einen Kaufkraftgewinn von bis zu 300 Millionen Euro. Außerdem zahlen die Finanzämter nach und nach zu Unrecht einbehaltene Entfernungspauschalen aus und pumpt das Konjunkturpaket II in den Kreis Mettmann zusätzliche 38 Millionen Euro für Investitionen in Straßen und Schulen.

All diese Messpunkte sprechen nicht für Rezession. Dennoch ist der Kreis Mettmann keine Insel der Glückseligkeit. Die Industrie ist auf Export ausgerichtet. Wenn die USA und Europa unter der Last der Finanzkrise stöhnen, bleiben die Seiten der Auftragsbücher im Kreis Mettmann leer. Da können die privaten Konten noch so voll sein und die Einzelhändler eine noch so stabile Geschäftslage melden.

Das Ergebnis der IHK-Konjunkturumfrage lässt für die nächsten Monate Ungemach befürchten. Davor ist der Standort ME selbst durch das hohe Niveau nicht gefeit, das er in den Jahren 2007/2008 erreicht hat. Sämtliche Branchen im Kreis rechnen damit, dass die Zahl der Beschäftigten im Laufe des Jahres sinken wird. Spätestens dann erreicht die Krise auch die Privathaushalte.

Und dann spendet allenfalls noch Trost, dass auch die Fachleute der IHK Anzeichen dafür sehen, dass es in der zweiten Jahreshälfte mit der Wirtschaft wieder bergauf gehen wird. Also: Konjunktur statt Rezession. Damit sind meistens neue Arbeitsplätze verbunden.

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