Der Hüter des Steinbruchs

Hofermühle-Süd ist auch dank Wolfgang Gerß ein einzigartiges Biotop geworden.

Heiligenhaus. 325 Pflanzenarten, darunter seltene Orchideen, mehr als 600 Käfer- und 350 Schmetterlingsarten — der ehemalige Kalksteinbruch Hofermühle-Süd in Heiligenhaus ist ein einzigartiges Refugium für Pflanzen und Tiere. „Es ist das am besten erforschte und gepflegte Naturschutzgebiet in Deutschland“, sagt Wolfgang Gerß.

Der emeritierte Soziologie-Professor und Naturfreund hat ein Buch herausgegeben, in dem die jahrelangen Forschungsergebnisse auf 185 Seiten akribisch dokumentiert sind. Seit 1990 wird der Steinbruch vom Heiligenhauser „Verein für wissenschaftliche Naturschutzpatenschaften“ auf Grundlage eines Rahmenvertrags zwischen der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Mettmann und des Vereins erforscht.

Die Vereinsmitglieder, zwölf an der Zahl, haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Fauna und Flora des rund neun Hektar großen Gebiets vollständig zu kartieren. Gerß: „Die Arbeit ist zwar weit fortgeschritten, aber nicht abgeschlossen.“ Lücken bestehen vor allem bei den wirbellosen Tieren.

Im Jahre 1984 trat der Landschaftsplan des Kreises Mettmann in Kraft — der erste flächendeckende in Nordrhein-Westfalen. Der Steinbruch in Heiligenhaus wurde darin als Naturschutzgebiet ausgewiesen.

Bis dahin war das Areal laut Gerß ein „Tummelplatz für Freizeitaktivisten, Kletterer und Fossiliensammler. Dort wurden aber auch Saufgelage abgehalten. Das Gelände war mit Bierdosen übersät.“ Alle Appelle nutzten nichts, sodass das Gelände schließlich eingezäunt wurde. „Seither ist Ruhe, konnte sich die Natur wieder entwickeln“, sagt Gerß.

Um den seltenen Tier- und Pflanzenarten einen dauerhaften Lebensraum im Bruch zu schaffen, müssen regelmäßig Pflegemaßnahmen durchgeführt werden. Gerß: „Die natürliche Vegetationsform in unserer Gegend ist Wald. Wenn wir nichts machen würden, wären viele Pflanzen längst verschwunden, weil die halboffenen trockenen bis halbtrockenen Landschaftsteile zugewuchert wären.“ Deshalb werden die Wiesen jedes Jahr im Sommer gemäht. „Auf verschiedenen Abschnitten, sodass die Tiere, die im hohen Gras leben, ausweichen können“, sagt Gerß. Zudem müssen alle paar Jahre Auslichtungsmaßnahmen vorgenommen werden. Alle Pflegemaßnahmen werden vom Verein im Auftrag des Kreises überwacht.

Die Biologie war nicht immer Gerß’ Lieblingsfach, das Interesse für alles, was kreucht und fleucht hat er von seinem Großvater mitbekommen, vermutet er. „Er hat mich oft mitgenommen, wenn er in der Natur unterwegs war, die Pflanzen studierte oder Vögel beobachtete“, sagt Gerß.

Nachdem der Soziologe einen Lehrstuhl in Düsseldorf bekam, lernte er viele Kollegen aus den Bereichen Biologie, Zoologie und Botanik kennen. Gerß weckte bei ihnen das Interesse am Heiligenhauser Steinbruch. „Denn die meisten Experten, die Mitglied des Vereins wurden, leben auch im Kreis Mettmann“, sagt Gerß.

Seine Forschungen dehnte der Verein inzwischen auch auf das östliche Düsseltal in Haan-Gruiten aus, dessen Patenschaft er ebenfalls übernommen hat. Dort hat ein Experte unlängst eine neue Mikropilzart entdeckt.

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