Der alltägliche Krimi auf der Ratinger Polizeiwache

Unfallflucht, Trickdiebstahl, kiffende Jugendliche, ein manipulierter Geldautomat: Auf der Ratinger Polizeiwache geht es nicht zu wie im „Tatort“, aber beschaulich ist anders.

Ratingen. Thorsten Piechaczek kann Multitasking: Den Telefonhörer mit der Schulter ans Ohr geklemmt, tippt er auf der Tastatur, klickt mit der Maus, hat die drei Bildschirme vor sich im Blick und drückt zwischendurch noch die Taste für den Sprechfunk. Ab und zu wirft er noch ein Auge auf den Monitor mit den Bildern der Überwachungskameras: Eingang, Verwahrzellen, Hofbereich.

Bei dem Polizeioberkommissar (37) laufen in der Ratinger Wache alle Fäden zusammen. Er hat den Überblick über die Einsätze, erhält Infos von der Leitstelle „Bodo“ in Mettmann, weiß, wo die beiden Streifenwagen stecken. Er hat Zugriff auf Datenbanken für Personen und Fahrzeuge, nimmt Anrufe entgegen und gibt den Kollegen draußen Zusatzinformationen.

Dass das Gekrächze aus den Lautsprechern manchmal kaum verständlich ist, stört ihn nicht. Er hört die wichtigsten Infos heraus. Gerade hat er die Streifenwagen nach Lintorf geschickt: Am Konrad-Adenauer-Platz ist ein Rentner von zwei Trickdiebinnen bestohlen worden — 600 Euro sollen sie erbeutet haben. Piechaczek gibt die vage Personenbeschreibung an die Funkstreifen durch.

Leitstelle „Bodo“ meldet eine Unfallflucht an der Sohlstättenstraße. Wer den Polizeinotruf 110 wählt, landet automatisch bei „Bodo“. Der Unfallgeschädigte muss etwas warten, bis wieder ein Streifenwagen frei ist. Die nächste Meldung kommt rein: „Könnt ihr den Unfall übernehmen? Oberste Linde/Ecke Rosenbaum.“

Der Streifenwagen meldet sich von unterwegs: Nach dem Trickdiebstahl wurde eine möglicherweise verdächtige Frau überprüft. Die Kollegen vor Ort wollen die Daten abgleichen.

Piechaczek tippt den Namen ein, Sekunden später liest er den kompletten Auszug aus dem Melderegister: Die Frau ist „sauber“. Wieder ein Anruf: Verkehrsunfall mit Unfallflucht am Dachsweg. „Die Kollegen kommen gleich vorbei“, sagt er dem Anrufer zu. Es ist bereits die dritte Unfallflucht an diesem Vormittag.

Hinter der Glasscheibe nimmt seine Kollegin Jenny Spott (31) derweil eine Anzeige auf. Seit einer Viertelstunde arbeitet sie den Fragenkatalog ab, den der Computer ihr vorgibt.

Die Dame antwortet geduldig: In ihre Finca auf Mallorca sei eingebrochen worden, wertvoller Schmuck, Handy und Ausweis wurde gestohlen. Wegen der Versicherung meldet sie dies auch in Deutschland. „Früher hat eine normale Anzeige fünf bis zehn Minuten gedauert, heute sind es 20 bis 30“, sagt die Polizeikommissarin.

Piechaczek schickt gerade einen Wagen zum Parkplatz Blauer See. Dort steht ein Mazda mit Unfallschaden, ausgebautem Radio und ohne Kennzeichen. Auch Kollegin Spott hat den nächsten „Kunden“.

Ein junger Mann war am Abend zuvor auf einer Pseudoseite der Sparkasse Opfer eines Pishing-Versuchs geworden. Am nächsten Morgen fehlten auf seinem Konto 4000 Euro.

Zwei Herren von der Sparkasse legen Jenny Spott Fotos eines Geldautomaten vor, der manipuliert worden war. „Nein, die Videoüberwachung ist noch nicht ausgewertet“, sagen sie der Beamtin, die wieder ihren Fragenkatalog abarbeitet.

Eine Anruferin meldet, dass Jugendliche am Kreuzerkamp kiffen würden. „Ein etwa Elfjähriger, zwei 18-Jährige — einer mit Cappy“, gibt Piechaczek einer erste Personenbeschreibung an die Streife weiter.

„Ein ruhiger Tag bisher“, bilanziert der Hauptkommissar. „Die Arbeit macht wirklich Spaß, ich will nichts anderes machen.“

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