Das Neanderthal Museum zeigt die dunkle Seite des Mittelalters

„Galgen, Rad und Scheiterhaufen“ heißt die Ausstellung, die am Samstag im Neanderthal Museum eröffnet wird.

Mettmann. Menschen mit schwachen Nerven seien vorgewarnt: Wer in den kommenden Monaten den Schritt in die aktuelle Sonderausstellung "Galgen, Rad und Scheiterhaufen" wagt, begibt sich in die Gefahr von immer wiederkehrenden Alpträumen. Denn die "Einblicke in Orte des Grauens" hinterlassen beim Betrachter Spuren. Aufgespaltete Schädel, abgeschlagene Hände und die Werkzeuge der Scharfrichter machen klar, dass dem menschlichen Einfallsreichtum in Sachen Hinrichtungen kaum eine Grenze gesetzt war.

"In den vergangenen Jahren gibt es immer mehr Richtstättenarchäologie. Und weil es im Neanderthal Museum immer wieder Ausstellungen aus der Schnittmenge Archäologie, Anthropologie und Geschichte gegeben hat, lag es nahe, dieses Thema einmal aufzuarbeiten", begründet die stellvertretende Direktorin Bärbel Auffermann den Schritt auf die dunkle Seite der Geschichte.

Das Neanderthal Museum hat nichts unterlassen, um dem Besucher eine Mischung aus Information und - in diesem Fall - düstere Unterhaltung zu bieten. Der Pranger am Museuemseingang mag da noch harmlos wirken und zum Fotografieren einladen. Doch wer im Halbdunkel unterm Galgen steht, wird seine nächsten Schritte behutsamer machen. Sei es auf dem "Galgenweg" - diese Straße in Erkrath gibt es wirklich - oder die Treppe hinab ins Kabinett des Schreckens.

Dort erwarten den Besucher nicht nur eine Moorleiche, sondern ein ganzer Friedhof hingerichteter Menschen. Die anthropologischen Untersuchungen an den Skeletten von Hinrichtungsstätten geben Auskunft über Sterbealter, Geschlecht, Hinrichtungsart, Ernährungszustand und Krankheiten der Verurteilten.

Bei der Auswahl der Folterwerkzeuge wird es schon gruselig genug, doch wenn es um die Hinrichtungen geht, dann sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Enthaupten mit Schwert oder Beil, Rädern oder das Erhängen - um einen Menschen ins Jenseits zu befördern, gibt es genügend Möglichkeiten.

Mehr als nur wissenschaftliche Neugierde muss das Team um den Archäologen und Ausstellungsnmacher Jan Graefe schon getrieben haben, um ein Scheiterhaufenexperiment durchführen zu können. Aufgrund der sehr ausführlichen Betriebsanleitung des Lemgoer Scharfrichters Johann Clausen aus dem Jahr 1842 baute das Team in einer Sandgrube in Oerlinghausen einen Scheiterhaufen nach. Als "Opfer" diente eine 60Kilogramm schwere Schweinehälfte.

"Der Aufbau hat zwei Stunden gedauert. Gebrannt hat der Scheiterhaufen dann vier Stunden", erzählt Jan Graefe. Das Experiment des Neanderthal Museums ist bislang einzigartig, da es sich auf eine historische Quelle bezieht und die Verbrennung als Hinrichtungsart als Untersuchtungsobjekt hatte.

Das Experiment ist auch das einzige aktuelle Anschauungsobjekt des Grauens. Bewusst konzentriert sich die Ausstellung auf die Hinrichtungen des Mittelalters und Exekutionen des 18.Jahrhunderts. Es wäre ein Leichtes gewesen, mit entsprechenden Exponaten den Bogen bis in die Gegenwart zu spannen. Doch hier reichen die Hinweise, dass das Thema Todesstrafe noch immer aktuell ist. Dank einer Kooperation mit der Menschenrechtsorganisation Amnesty International werden diese Daten auch in der Ausstellung dokumentiert.

Geblieben ist nämlich auch der Voyeurismus an Hinrichtungen. Pilgerten damals die Menschen zu den Hinrichtungsstätten vor den Stadtmauern, so klicken die Zeitgenossen von heute im Internet entsprechende Videos an. So 1,5 Millionen Mal geschehen mit der Hinrichtung von Saddam Hussein...

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