CDU-Abgeordnete Noll: Hoffen auf den Heimvorteil

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Michaela Noll setzt im Wahlkampf auf die persönliche Note und sucht die Gespräche.

Erkrath. Wer in diesen Tagen den gut gefüllten Terminplan von Michaela Noll studiert, wird dort immer wieder den englischen Begriff "Canvassing" finden. Darunter versteht man den direkten Kontakt zu den Menschen auf der Straße. Ziel ist auch, herauszufinden, wie die Stimmung unter den Wählern ist. Für die CDU-Bundestagsabgeordnete im Südkreis ist dieser Kontakt ein Muss. "Aber dass habe ich den zurückliegenden Wahlkämpfen auch schon immer gemacht", sagt die 49-jährige Haanerin, die auf Platz 18 der Landesliste steht. Nur dass diesmal der Wahlkampf etwas anderes gestrickt ist. "Natürlich ist die Aufmerksamkeit durch die Kandidatur von Peer Steinbrück höher. Dieser Wahlkampf hat eben eine ganz andere Handschrift erhalten." Es mache schon einen Unterschied, ob mit viel Aufsehen zwei gepanzerte Limousinen vorfahren oder ein Kleinwagen sich einen Parkplatz sucht - der Vergleich Staatskarosse gegen Mini hat sich über die Monate gehalten.

So versteht Michaela Noll auch die Distanz des prominenten Sozialdemokraten nicht. Nur eine Podiumsdiskussion bot Gelegenheit zum direkten politischen Schlagabtausch mit dem Kandidaten Steinbrück. "Das war bei Lilo Friedrich ganz anders. Da ist man auch schon gemeinsam Essen gegangen und hat geredet", so Michaela Noll.

Natürlich setzt Michaela Noll auf den Heimvorteil. "Hier lebt meine Familie und hier ist auch mein Lebensmittelpunkt. Außerdem ist bei der Wahl 2005 das Direktmandat durch die Bürger ein deutliches Zeichen gewesen."

Womit man schon wieder beim "Canvassing" wäre. Was Andere beim direkten Kontakt als eher aufdringlich empfinden könnten, erhält bei Michaela Noll beim Bummel auf dem Hochdahler Markt eher die persönliche Note. "Ich trage immer einen Mantel. Da kann ich die Wahlkampfbroschüren besser verstauen", sagt sie und greift zum Bündel lachsfarbener Rosen, die sie verteilen will.

Die Politikerin Noll ("Ich bin die Frau Noll") geht auf die Menschen zu - aber die Menschen auch auf sie. Sie wird auf ihre neue Frisur ebenso angesprochen wie auf das Berliner Kabinett. Und plötzlich wird aus der Bemerkung eines jungen Mannes ("Ich bin Niedriglohnempfänger"), der sich als Anhänger der großen Koalition outet, eine ausgewachsene Diskussion über das Gesundheitssystem, Rentenpolitik und Steuererhöhungen.

Und Michaela Noll redet Klartext. "Ich brauche keine weiteren vier Jahre eine Koalition mit der SPD. Ich bin der Überzeugung, dass es mit der FDP besser laufen wird."

Zu vieles sei in den vergangenen vier Jahren nur halbherzig abgearbeitet worden. Bei Themen wie Steuer- und Atompolitik sei man gemeinsam nicht weiter gekommen. Und im Ausschuss für "Familie, Senioren, Frauen, Jugend" scheint auch nicht alles abgearbeitet worden zu sein. "Kindesmissbrauch ist kein Vergehen. Auch schon den Versuch muss stärker bestraft werden", macht Michaela Noll deutlich, dass sie nicht nur Familienpolitikerin ist, sondern auch Juristin. "Heranwachsende Straftäter sollten nach Erwachsenenstrafrecht verurteilen werden. Und Opferschutz geht vor Täterschutz."

Aber dieses sind auf der Straße nicht unbedingt immer die Themen, die im Vordergrund stehen. Vielleicht eher die medienwirksamen Auftritte mit der Polit-Prominenz der CDU. Verteidigungsminister Jung, Wirtschaftsminister von Guttenberg und natürlich Familienministerin von der Leyen kamen zur Unterstützung.

Natürlich sind solche Auftritt auch für Michaela Noll wichtig. Aber wichtiger sind für sie die vielen Besuche in Unternehmen vor Ort, die Gesprächsrunden oder die Kontakte zu Vereinen. Das führt sie schon manchmal bis an die Grenze ihres Wahlbezirkes, wenn sie in der Mettmanner Enklave Obschwarzbach nahe der Ratinger Stadtgrenze über Freizeitmöglichkeiten und Verkehrsanbindungen diskutiert. "Und so etwas mache ich auch außerhalb der Wahlkampfzeiten", sagt sie.

Ihr Aufenthalt auf dem Hochdahler Markt neigt sich dem Ende zu. Das nächste "Canvassing" steht auf dem Terminplan. Doch eine junge Frau spricht sie an. Michaela Noll erinnert sich sofort. Der Freund der jungen Türkin hatte Probleme mit seinem Visum. Ein paar Tipps, ein wenig unbürokratische Hilfe - das junge Glück wird im Januar komplett sein. Und dann soll geheiratet werden. In einem Atemzug erfährt Michaela Noll alle Neuigkeiten und ist auch schon prompt zur Hochzeit eingeladen. "Natürlich werde ich hingehen - vorausgesetzt, mein Terminplan ist noch nicht voll."

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