Auf einen Schlag ist alles anders

Rund 1200 Menschen pro Jahr erleiden im Kreis Mettmann einen Schlaganfall. Peter Pletsch traf es 1997.

Kreis Mettmann. An den 26. Februar 1997 erinnert sich Peter Pletsch auch heute noch ganz genau: Der damals 57-jährige Ratinger saß abends im Wohnzimmer, las Zeitung und dabei kippte ihm ab und zu sein rechter Arm weg. „Ich war so leichtsinnig und habe dem keine besondere Bedeutung beigemessen.“

Tagsüber hatte er immer wieder ein „pelziges Gefühl“ in Armen und Beinen gehabt, aber nur gedacht: Das vergeht wieder. „In der Nacht wurde ich wach und merkte, dass ich mich nicht mehr bewegen kann, auch nicht mehr sprechen“, erinnert sich Pletsch an einen der schlimmsten Momente in seinem Leben. Er hatte einen Schlaganfall erlitten. Seine Frau reagierte sofort und alarmierte den Rettungswagen.

Pletsch hatte mehrfaches Glück im Unglück. Er erlitt nur einen leichten Hirninfarkt, und das Ratinger St. Marien-Krankenhaus, in das er eingeliefert wurde, war gerade dabei, das in Skandinavien entwickelte Stroke-Unit-Konzept einzuführen. Dieses Therapiekonzept baut auf frühzeitige Behandlung, interdisziplinäre Zusammenarbeit der Abteilungen und intensive psychosoziale Betreuung.

Nach drei Tagen im Krankenhaus hatte Peter Pletsch erstmals wieder Gefühle in Arm und Fingern — dank intensiver Physiotherapie. Nach drei Wochen Behandlung folgten fünf Wochen Reha. „Sprechen konnte ich danach wieder fast normal, mein rechter Arm wollte mir aber nicht immer gehorchen“, erinnert sich der heute 71-Jährige. Seinen Beruf — er war in leitender Funktion beim DGB — konnte er nicht mehr ausüben. Auch heute noch kämpft Pletsch mit den Folgen des Schlaganfalles: „Bei den meisten Bewegungen ist immer ein bewusstes Agieren nötig.“

Pletsch beschäftigte sich intensiv mit der Krankheit und lernte, dass ein Schlaganfall nicht heilbar ist: In leichteren Fällen lassen sich Symptome wie Lähmungen und Sprachverlust lindern und in den Griff bekommen, in schweren droht lebenslange Behinderung. 1200 Menschen erleiden im Kreis Mettmann jährlich einen Schlaganfall, zwei von drei Patienten sterben innerhalb eines Jahres oder behalten Lähmungen, Sprach- und Sehstörungen.

„Jeder Schlaganfall ist ein absoluter Notfall. Die viereinhalb Stunden nach dem Schlaganfall sind die wichtigsten. In dieser Zeit kann das Blutgerinnsel im Gehirn mit Medikamenten aufgelöst werden“, erklärt Dr. Karsten Kohlhaas, Neurologe und Leiter der Schlaganfalleinheit im Evangelischen Krankhaus Mettmann.

Er und seine Kollegen im Kreis wollen mit einer Aktionswoche für das Thema sensibilisieren. Bis Samstag geht es neben der Früherkennung auch um Themen wie Therapie, Nachsorge und Ursache der Erkrankung.

Peter Pletsch rätselt noch heute über die Ursachen seines Schlaganfalls: Er hatte keinen Bluthochdruck, war kein Raucher und auch sonst nicht vorbelastet. „Vielleicht hatte ich einfach zu viel Stress.“ Der Zufall wollte es, dass fast zeitgleich mit Pletschs Schlaganfall beim Turnverein Ratingen eine Reha-Sportgruppe für Betroffene ins Leben gerufen wurde. Und acht Monate nach seinem Schlaganfall hob Peter Pletsch die „Selbsthilfegruppe Schlaganfall“ aus der Taufe.

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