WZ TV: „Mir sind die neuen Bahnen einfach zu eng“

Alle 19 Niederflurbahnen der Stadtwerke haben den Betrieb aufgenommen. Neue Technik, modernes Aussehen und ein erleichterter Einstieg zeichnen sie aus. Aber was halten die Krefelder davon?

Krefeld. Dezember 2009 fuhren die ersten neuen Straßenbahnen durch Krefeld. Inzwischen sind es 19 Fahrzeuge der Firma Bombardier, die die Stadtwerke Krefeld (SWK) einsetzen, um den öffentlichen Verkehr angenehmer zu machen. Sie setzen vor allem auf die Niederflurtechnik, sprich es gibt nur noch eine Stufe, die sich, wenn die Haltstelle entsprechend umgebaut ist, auf Bordsteinhöhe befindet und somit einen stufenlosen Einstieg ermöglicht. Auf Bildschirmen kann man nun auch die Haltestellen ablesen.

Im Juni 2007 standen drei Straßenbahnen zur Auswahl: die heute eingesetzte Bombardier-Bahn, ein Modell von Siemens und eines der Firma Alstom. "Über 100 Teilnehmer stimmten über ihren Favoriten ab und ungefähr 75 Prozent entschieden sich für die Straßenbahn von Bombardier", erklärt Guido Stilling, Geschäftsführer der SWK Mobil. Anschließend entschieden sich die Stadtwerke durch eine öffentliche und europaweit angelegte Ausschreibung für den heutigen Straßenbahntypen.

Wie sehen die Krefelder die neuen Straßenbahnen heute, neun Monate nach dem ersten Einsatz? Während einer Fahrt wurde einmal nach der Meinung der Fahrgäste gefragt.

"Hier wird unser Fahrgeld vernünftig investiert, die Straßenbahnen sind sehr schön und komfortabel. Außerdem habe ich das Gefühl, dass hier mehr Platz und Bewegungsfreiheit ist, als in den alten Bahnen", sagt Andreas Flöhr (39). Im Gegensatz zu ihm sind viele Fahrgäste hinsichtlich des Platzes in den Bombardier-Bahnen andere Meinung. "Also am vorderen Eingang ist es eindeutig zu eng. Man muss über die Füße der Fahrgäste steigen, um nach hinten durchzugehen. Da kommt man schnell ins Stolpern", merkt Ellen Gelissen (63) an.

Guido Stilling versteht diesen Einwand. "Allerdings mussten wir abwägen. Wir hätten auf beiden Seiten nur drei schräge Sitze anbringen können, dann wäre im Gang mehr Platz gewesen." Man habe sich aber für mehr Sitzplätze entschieden, da 80 Prozent der Fahrgäste Abo-Kunden seien und somit nicht den vordersten Eingang beim Zugführer nutzen müssten.

Ein weiterere Einwand, den einige Krefelder bringen, ist der Einstieg, der eigentlich erleichtert sein sollte in den Niederflurbahnen. "Ich habe eine Behinderung und fand die drei niedrigeren Stufen bei den alten Bahnen besser als jetzt die eine Stufe. Da kam ich besser hoch", erklärt Monika Thies-Merbusch (64). "Wenn die Haltestellen entsprechend angepasst würden auf das Niveau des Ausstiegs, dann wäre es prima", ist auch Carola Funk (65) der Meinung. Bei den SWK ist man sich dieses Mankos bewusst, "wir sind auch dabei, dort wo es möglich ist, die Haltestellen anzupassen", sagt Stilling. So sei die Haltestelle Hansastraße bereits umgebaut und am Knotenpunkt Rheinstraße sowie an 16 weiteren Haltestellen soll 2011 damit begonnen werden. An Stellen, wo Fahrgäste auf der Straße ein- und aussteigen, wie an der Uerdinger Straße, sei dies allerdings zunächst nicht möglich.

"Was ist auch nicht gut finde ist, dass die Türen teilweise zu schnell schließen. Ältere Menschen haben manchmal gerade einmal ihren Rollator in der Bahn, da gehen die Türen schon zu", kritisiert Bianca Grabowski (19). Drei Sicherheitsmechanismen in Form vonInfrarotschranken sollen allerdings dafür Sorge tragen, dass dies nicht passiert, entgegnet Stilling. Die junge Nutzerin der Straßenbahn lobt im Gegenzug die neuen Bildschirme. "Das ist schon sinnvoll, die Durchsagen hat man nicht immer verstanden." Ein weiteres Risiko teilt WZ-Leser Joachim Meyer in einem Brief mit: "Die Bremswirkung ist im Vergleich zu den älteren Fahrzeugen viel stärker, so dass die Wagen bei einer Vollbremsung in kürzester Zeit zum Stillstand kommen und es kaum möglich ist, der Fliehkraft standzuhalten. Hinweisschilder wären da sehr hilfreich".

Begeistert ist Franz Eben (73) von den neuen Straßenbahnen: "Die sind immer gut klimatisiert und dadurch ist die Luft nicht so stickig. Platz genug ist auch." Ihm widerspricht Jenny Aretz (22) vehement: "Ich finde sie total schlimm, die Gänge sind zu eng, vor allem ältere Leute haben Probleme durchzukommen. Außerdem gibt es eindeutig zu wenig Sitzplätze. Wenn mittags Schulschluss ist, dann kann man sich darauf einstellen, zu stehen", schimpft die junge Frau.

Der SWK-Mobil-Geschäftsführer kann solchen Fahrgästen nur antworten, dass sich die Platzanzahl tatsächlich nur um zwei Sitzplätze verringert hat. "Es ist ein subjektiver Eindruck, vorher waren es 54, heute 52 Plätze." Das Gefühl der Enge erklärt Stilling dadurch, dass in den Niederflurbahnen die Räder und Radgehäuse, die bei den hohen Bahnen noch darunter waren, nun in den Fahrgastraum hineinreichen und somit im Innenraum Platz beanspruchen. Hinzukomme, dass nun auf beiden Seiten, auf der Tür- und Fensterseite, Sitzplätze angeordnet seien, wodurch ebenfalls der Eindruck eines engeren Raums entstehe. Die Breite der Bahn sei faktisch mit 2,30 Meter gleich geblieben. "Wenn Fahrgäste unsere Niederflurbahnen mit denen in Düsseldorf vergleichen und zum Schluss kommen, dass sie in Krefeld viel enger wirken, liegen sie damit auch richtig", erklärt der Fachmann. Denn dort sei der Schienenabstand 30 Zentimeter breiter als in Krefeld.

Die Anzahl der Sitzplätze ist also fast gleich geblieben, was sich geändert hat, ist die Sitzplatzanordnung. "Wir und andere ältere Menschen vertragen es gar nicht, rückwärts zu fahren. Deshalb sind die Plätze, die gegen Fahrtrichtung ausgerichtet sind auch nicht besonders beliebt", merkt das Ehepaar Margarete und Egon Groenwald an. Die Einzelsitze, die es in den neuen Straßenbahnen nun auch gibt, gefallen WZ-Leserin Mara Küpper (14) nicht sonderlich. "Man wird ungewollt von den anderen Bahnfahrenden angestarrt und auf der Sitzreihe am vorderen Eingang sitzt man wie die Hühner auf der Stange", schreibt sie in einem Leserbrief.

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