Wo Schätze zum Vorschein kommen

Matthias Melcher sichtet derzeit das Dujardin-Archiv.

Wo Schätze zum Vorschein kommen
Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Krefeld. Der Staub von 204 Jahren Firmengeschichte sammelt sich auf den Regalen. Er liegt auf den Blaumännern mit Dujardin-Aufdruck, trübt den Blick in die Weinbrandflaschen aller Größen und bedeckt das grinsende Holzmännchen, in dessen Leistengegend ein Zapfhahn befestigt ist.

Wo Schätze zum Vorschein kommen
Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Mittendrin stehen Dujardin-Erbe Matthias Melcher und sein Mitarbeiter Günter Haase. Die beiden räumen mit der Vergangenheit auf. „Hier lagern viele Schätze, von denen niemand etwas ahnt“, sagt Melcher und fingert an einem Globus herum. Die Weltkugel öffnet sich genau an der Äquatorlinie, darunter kommen, in Samt gehüllt, Schnapsgläser und eine Flasche zum Vorschein.

Wo Schätze zum Vorschein kommen
Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Abseits solcher Gimmicks zielen Melcher und Haase jedoch auf das große Bild: Sie sichten Unterlagen und Werbeplakate, halten Dias ins Licht und entziffern handschriftliche Vermerke. Sie sortieren, lagern wichtige Papiere in säurefreie Kartons um und digitalisieren Bilder und Filme. „Wir werden noch viel vorführen können“, erklärt Melcher. „Hier findet sich alles bis zur Hundesteuerabrechnung meiner Großmutter von 1964.“

Wo Schätze zum Vorschein kommen
Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Spannend sind vor allem die visuellen Erinnerungen. So ist zur 125-Jahr-Feier anno 1935 eine aufwändige Dia-Serie mit Alltagsbildern aus dem Betrieb entstanden, die nun zum Vorschein kommt. Die ersten Abzüge hängen schon im Flur.

Auch Filmrollen mit der legendären Fernsehwerbung („Darauf einen Dujardin“) sind aufgetaucht, skurrile Lehrfilme für Vertreter und Zeitungsanzeigen. „Besonders berührt hat mich eine Reklame aus dem Jahr 1944, wo im Auftrag der Propaganda ein Bild von heiler Welt vermittelt werden sollte, obwohl alle schon wussten, dass es nichts mehr wird“, erzählt Melcher. Er weiß auch von Lieferungen an die Front zu berichten. „Soldaten, die nach Russland mussten, bekamen eine Flasche Dujardin.“ Auch die Lieferpapiere in die ehemalige DDR sind gelebte deutsche Geschichte.

Von Uerdingen aus ging der Name Dujardin vor allem in den 1960er- und 70er-Jahre um die ganze Welt — nur in den Niederlanden musste der Weinbrand mit unterschiedlichem Etikett auf den Markt kommen: „Dort hat eine andere Firma die Rechte am Namen Dujardin.“ Darüber wurde vor Jahrzehnten sogar ein bizarrer Prozess geführt. Auch diese Akten lagern bis heute im Firmenarchiv in Uerdingen.

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