Zwangspausen für Dachdecker

Wegen Schnee, Eis und lang anhaltender Kälte musste die Arbeit oft ruhen. Auch andere Bauberufe sind betroffen.

Krefeld. Zu den Zwangspausen, sagt Bea Stauch, gibt es keine Alternative. Sie ist seit 1986 Geschäftsführerin der Dachdeckerfirma Karl Stauch GmbH, 1924 gegründet, und hat in diesem Winter schon einige dieser Zwangspausen hinter sich — sie, Ralf Botta, mit dem sie seit 1988 zusammen die Firma am Bönnersdyk leitet, und die sechs Mitarbeiter. Bei Schnee, Eis und der lang anhaltenden bitterkalten Witterung sei die Arbeit auf einem Dach nicht möglich. „Das ist aber nicht nur bei uns Dachdeckern so. Das komplette Baugewerbe ist betroffen.“

„Bei fünf Grad Celsius ist die Grenze“, sagt Stauch. Bei Temperaturen darunter gehe es nicht — zumal an vielen der Wintertage Schnee und Eis hätten vom Dach gekratzt werden müssen. „Es ist natürlich problematisch, wenn die Firma keinen Umsatz macht.“ Deshalb sei auch in der Schnee- und Eisperiode täglich neu entschieden worden, ob die Arbeit möglich ist oder nicht.

Ralf Botta blickt zurück: Zwischen Weihnachten und Neujahr bis zum 7. Januar war die Firma bis auf den Notdienst geschlossen. Dann wurde eine Woche lang gearbeitet, am 14. Januar war bis Monatsende erneut Pause. In der ersten Februarwoche ebenfalls. „Vom 4. bis 8. März haben wir an Frühling gedacht und wieder gearbeitet“, erinnert sich Bea Stauch. „Am 11. März hatten wir wieder Eis auf den Dächern, am 12. hat es wieder geschneit — Zwangspause.“ Eigentlich ging es am vergangenen Dienstag erst wieder los — wobei es keine Seltenheit war, dass die Mitarbeiter verspätet zu den Baustellen fuhren oder stundenlang erst einmal das Eis vom Dach entfernten.

Das alles steht aufgelistet im Kalender der Geschäftsführerin. Auch die witterungsbedingten Zwangspausen der Vorjahre hatte sie aufgelistet. „Wir haben allerdings Möglichkeiten, das abzufedern. Entweder haben die Mitarbeiter ,Gutstunden’, die sie abfeiern, oder sie haben regulären Urlaub, der schon länger feststeht und eingetragen ist. Grundsätzlich hilft für die anderen das S-Kug, das Saison-Kurzarbeitergeld, auch Schlechtwettergeld genannt. Dabei zahlt die Arbeitsagentur und übernimmt auch die Sozialleistungen“, erläutert Bea Stauch. Das gelte für die Berufe der Bauwirtschaft, unter anderem Straßen- und Gerüstbauer, Dachdecker sowie Garten- und Landschaftsbauer.

Die Entscheidung zur Zwangspause sei immer eine Entscheidung, die am frühen Morgen eines Werktages getroffen werde, sagt Bea Stauch. „Wir planen am Vorabend mögliche Einsätze. Morgens zwischen 6 und 6.30 Uhr fällt dann die endgültige Entscheidung.“ Es sei natürlich bitter, wenn man morgens Kunden anrufen und einen Termin absagen müsse: „Das alles geht nur bei gutem Zusammenspiel zwischen Auftraggeber, Auftragnehmer und Mitarbeitern.“

Es gab auch Tage, an denen Mitarbeiter zur Baustelle rausfuhren, zwei Stunden Eis kratzten und später anriefen: „Wir müssen aufhören.“ Das zahle die Firma dann aus eigener Tasche. Bea Stauch: „Man muss für solche Fälle immer ein finanzielles Polster haben und darf nicht ans Limit gehen.“ Bei einer aktuellen Baustelle in der Innenstadt liege man im Zeitplan weit zurück. „Das Material haben wir dort bereits in der vergangenen Woche hingestellt“, sagt Botta.

Paul Neukirchen, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Niederrhein, sagt: „Glücklicherweise ist die Stimmung im Handwerk nicht ganz so frostig wie die Temperaturen der letzten Wochen. Dennoch setzen die Wetterkapriolen viele Betriebe einer großen wirtschaftlichen Belastung aus: Betroffen sind alle wetterabhängigen Gewerke wie Maurer, Straßen- und Tiefbauer, Dachdecker, Zimmerer, Maler.“ Außenarbeiten könnten nur sehr eingeschränkt erledigt werden. Viele Baustellen lagen in den vergangenen Monaten buchstäblich auf Eis. „Wo es möglich war, sind die Betriebe auf Arbeiten in Innenräumen ausgewichen. Dennoch: Ob die Verluste in den restlichen neun Monaten des Jahres ausgeglichen werden können, ist fraglich.“

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