Wird in Krematorium bald bestattet?

Die Stadt sucht nach einer Möglichkeit, das unter Denkmalschutz stehende Gebäude auf dem Hauptfriedhof als Kolumbarium zu nutzen und es so vor dem Verfall zu retten.

Krefeld. Der Bedarf ist laut Beigeordneten Thomas Visser generell da. Die Zahl der Menschen nehme zu, die in einem Kirchengebäude ihre letzte Ruhe finden und ihre Hinterbliebenen nicht mit der Grabpflege belasten wollen. Deshalb denkt die Stadt darüber nach, das seit 2011 offiziell geschlossene Krematorium auf dem Hauptfriedhof in ein Kolumbarium umzuwandeln. „Aus Denkmalschutzgründen wäre das sehr wünschenswert, das Krematorium ist Teil des Krefelder Erbes“, ergänzt Eva-Maria Eifert, oberste Denkmalpflegerin der Stadt.

Seit wenigen Tagen ist die Machbarkeitsstudie zum Krefelder Kolumbarium des Mönchengladbacher Architektenbüros bdmp im Ratsportal digital eingestellt. Das 1914 nach den Plänen des Architekten Anton Rumpen (1877-1951) im Stil des Historismus gebaute und 1915 eröffnete Krematorium passt in das Ensemble der Torhäuser an der Martinstraße und der großen Trauerhalle auf dem Hauptfriedhof. „Vor dem Ersten Weltkrieg gab es eine große und stark anwachsende Technikbegeisterung; das Krematorium ist Ausdruck davon“, erklärt Eifert. Wenn auch religiös schwierig.

„Friedhöfe galten lange Zeit im Katholizismus und Protestantismus als Einrichtung für die Ewigkeit“, ergänzt Visser. Auch die Auferstehung anhand von Asche in der Urne sei laut Eifert schwer darstellbar gewesen. Deshalb hatte Rumpen zwei sich über dem hinabsenkenden Sarg schließende Marmorschalen entworfen, in Anlehnung an die Erdbestattung.

Während der vordere Teil des Gebäudes als kleinere Trauerhalle genutzt wurde, war im unteren, rückwärtigen Bereich die damals hochmoderne Technik mit Verbrennungsofen und Abluft untergebracht und eine Grundwasser-Sperre eingebaut. „In diesem Bereich gab es schon immer hohes Grundwasser und bei zwei Untergeschossen stieß das tiefste schon damals an das Grundwasser“, sagt Friedhofs-Chefin Heike Blondin.

Während in vergangenen Jahrzehnten die Textil- und Edelstahl-Industrie das Grundwasser für ihre Produktion nutzte, sei das zuletzt immer weniger geworden — und damit das Grundwasser für das Gemäuer zu einem ernsthaften Problem geworden. 1998 war der Verbrennungsbereich einschließlich moderner Ablufttechnik noch grundsaniert, der Gasverbrauch optimiert und das Dach saniert worden.

Nur fünf Jahre später trat der erste große Schaden wegen eindringender Nässe auf. Der Bau von Rigolen im Vorbereich des Krematoriums hielt dem Wasser nicht lange stand. 2011 wurde der nächste große Schaden nach begonnener notwendiger Ausmauerung des Ofens festgestellt. Im Dezember des selben Jahres wurde der Betrieb eingestellt.

Eine Sanierung des Krematoriums zur Wiederaufnahme des Betriebes wird es laut Visser wohl nicht geben. Selbst wenn ausreichend Geld im siebenstelligen Bereich zur Verfügung stünde. „Der Betrieb mit nur einem Ofen ist wirtschaftlich gar nicht darstellbar und nicht mehr konkurrenzfähig.“

Das älteste Krematorium am Niederrhein war ursprünglich für 30 Einäscherungen pro Jahr ausgerichtet, bis 1942 gab es dort 130 im Jahr. Zuletzt wurden dort bis 2011 jährlich 1300 Einäscherungen durchgeführt. Visser: „Und die heute angefahrenen Krematorien in Willich und Venlo sind nicht weit.“

Umso denkbarer ist die Umnutzung zum Kolumbarium. In der Machbarkeitsstudie werden drei Ansätze vorgestellt. Von der Nutzung der bestehenden Flächen mit Platz für 3910 Urnen (mit Doppelgräbern entlang der Wand, freistehend und Familiengräbern) bis hin zu insgesamt 6178 Urnen bei Entkernen des Gebäudes und Einbau von vier neuen Ebenen. Bei einer weiteren Variante würden die Untergeschosse verfüllt, das Erdgeschoss für 1360 Urnen genutzt und zusätzlich im Außenbereich Platz für weitere 2000 Urnen geschaffen.

Über mögliche Kosten kann Visser derzeit noch nichts sagen. Das hänge von der gewählten Variante ab. Sicher ist aber, dass der Rat und der Verwaltungsrat des neuen kommunalen Betriebes die Entscheidung darüber fällen müssen. Fördergelder seien nicht zu erwarten, weil Friedhöfe über Gebühren finanziert sein müssen.

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