Ukrainisch-Orthodoxe Kirche feiert Weihnachten im Januar

Die ukrainisch-orthodoxe Kirche in Traar feiert im neuen Jahr die Geburt Jesu. Die Geschichte des Gotteshauses ist kaum bekannt.

Krefeld. Für Marie-Veronique (78) aus Meerbusch ist die kirchliche Weihnachtsfeier nach ukrainisch-orthodoxem Ritus „weitaus vollständiger und feierlicher“ als im katholischen Gegenstück. Besonderheit dieser Glaubensrichtung: Sie feiern das Fest der Geburt Jesu zwei Wochen später.

Der Grund ist, dass nach unterschiedlichen Kalendern gefeiert wird: Während sich die Festtage der meisten Christen nach dem Gregorianischen Kalender richten, gilt in einigen orthodoxen Kirchen wie der ukrainischen oder russischen immer noch die Julianische Zeitrechnung. Als erster Weihnachtsfeiertag gilt dementsprechend der 7. Januar.

Den meisten Krefeldern ist nicht bekannt, dass es eine ukrainisch-orthodoxe Kirche „Maria Schutz“ überhaupt gibt. Im Krefelder Norden an der Maria-Sohmann-Straße in Traar liegt das byzantinisch gestaltete Kirchlein mit einer großen und drei kleinen Kuppeln direkt an den Niepkuhlen. Von der Straße aus wird das achteckige Gebäude von der Senioreneinrichtung der Caritas verdeckt.

Der Sakralbau des Krefelder Architekten Theo Spieß ist gleichzeitig ein Stück wenig aufgearbeiteter Stadtgeschichte. Frauen und Männer aus der Ukraine haben sie nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet und für den Bau gespendet. Die Spender waren in der Mehrzahl ehemalige Zwangsarbeiter.

Während des Nazi-Regimes hatten alleine in den damaligen „Edelstahlwerken“ rund 1200, vorwiegend sowjetische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene gelebt und gearbeitet. Unter dem Stalin-Regime wäre ihre Heimkehr nach dem Krieg mit der Verbannung in ein Gulag in Sibirien verbunden gewesen.

Das am 28. Juli 1958 eingeweihte Oktogon ist Schauplatz des Gottesdienstes zum Heiligabend am 6. Januar. Die in prächtige weiße, goldbestickte Gewänder gekleideten fünf Priester beginnen die Feierlichkeiten mit einer Vesper. Rund 50 Menschen, Russen, Ukrainer, Serben, Deutsche, die Frauen fast durchweg mit Kopftüchern oder Hüten, sind dafür nach Traar gekommen.

Der achtstimmige Chor, darunter Marie-Veronique, löst die Litaneien der Vorbeter ab. Erzpriester Volodymyr Soroka ist mit seinen 30 Lebensjahren einer der jüngsten im Kirchenschiff. Er schreitet mit seinen Begleitern aus dem getrennten Altarraum in das Kirchenschiff und erfüllt es mit großzügigen Weihrauchgaben. Ebenso beeindruckend ist der ukrainische Bariton, der die Heiligenikonen an der Frontseite des Kirchenschiffs besingt. Ein Krefelder Baumarkt ist Spender einer rund vier Meter hohen Tanne, die prächtig geschmückt viel Platz in dem rund 120 Quadratmeter großen Andachtsraum einnimmt.

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