Patricia Kelly solo: Jazz im gefälligen Pop-Gewand

Patricia Kelly überzeugt in der Friedenskirche mit viel Engagement, stößt aber auch an ihre gesanglichen Grenzen.

Krefeld. Sie stammt aus der berühmten Kelly Family, und ganz ohne die Familie kommt sie auch bei ihrem Solo-Jazz-Projekt nicht aus. Im Kulturpunkt der Friedenskirche gastiert Patricia Kelly mit einem Jazztrio, im Publikum sitzen die älteste Schwester Caroline und wohl noch zwei, drei weitere, aber jüngere Mitglieder des Kelly-Clans.

Ab und zu unterstützen sie aus den Reihen des Auditoriums mit Background-Gesang die Bühnendarbietung.

Musikalisch will sich Patricia Kelly offenbar weit vom folkloristischen Rock ihrer Familienband entfernen. Sie präsentiert mit ihrem Trio überwiegend eigene Kompositionen, die zwar meist auch als softe Rocknummern zu interpretieren wären, aber eben in gefälligem Popjazz-Gewand daher kommen.

Modern Jazz und ein bisschen Mainstream-Fusion sind die stilistischen Quellen für die Begleitung — von Pianist Benjamin Schäfer, Kontrabassist Michael „Gerry“ Gerards und Schlagzeuger Benny Mokross routiniert abgewickelt. Nur einmal dürfen die drei dem Jazz freien Lauf lassen, wobei man eine Ahnung davon bekommt, was für ein Potenzial in den Musikern schlummert.

Von der Stimmung her sind die meist mittelschnellen Songs oft ähnlich, zwei, drei Balladen sind auch im Programm. Bei diesen werden Patricia Kellys gesangliche Grenzen etwas deutlicher als bei den schnelleren Stücken.

Die Kelly verfügt über eine hohe, offene Altstimme, nicht ohne Ausstrahlung, aber mit wenig Haltekraft. Auf Dauer stört etwas, dass sie fast ununterbrochen mit ein wenig Tremolo singt. Ihre gesanglichen Mängel weiß Kelly aber auszugleichen.

Ihr Vortrag ist engagiert, und sie lehnt sich in den Gesangspausen nicht zurück, sondern bleibt emotional am Puls des Geschehens. Etwas weniger tänzerische Bewegung würde aber auch wiederum der Konzentration auf die Musik zuträglich sein.

Kellys Conférencen sind lang und manchmal auch wieder reichlich familiär. Man erfährt Dinge, die ein Konzert nicht unbedingt attraktiver machen — zumal, wenn es ein Jazzkonzert sein soll.

Der Familien-Hit „An Angel“ darf im Programm nicht fehlen. Da lässt Kelly die Grenzen des Jazz weit hinter sich. Dem Publikum sagt das durchaus zu, wie es freudig mitschunkelnd zu verstehen gibt.

Andererseits hat Kelly aber den Mut, bei einer Zugabe mit ihren Musikern einmal abseits eines vorgegebenen Arrangements zu improvisieren. Da gelingt es der Sängerin für kurze Momente, musikalisch einmal dort zu landen, wo der Jazz spannend wird: im Reich der spontanen Erfindung.

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