Oldtimer-Serie "Altes Eisen aufpoliert": Zeitgenössisch frisierter Taunus

Jens Laukart fährt einen ’75er Ford Taunus. Er hat den Wagen komplett selbst restauriert und zeitgenössisch frisiert.

Krefeld. Er startet den Motor und die Kolben in den sechs Zylindern kommen erst stolpernd, dann stampfend in Schwung. Der Sound wird runder und voller — der Wagen rollt. Er steuert ihn aus dem schummrigen Schuppen auf den sonnigen Hof und schleppt dabei eine Wolke aus Benzindunst hinter sich her. Er fährt einen Halbkreis, stoppt den Motor und steigt aus, die Fahrertür fällt mit einem satten Klack ins Schloss. Der Benzindunst verzieht sich und der ’75er Ford Taunus steht da und glänzt: grelle Spitzlichter im Chrom, ein matter Schimmer im Lack; Miami-Blau-Metallic heißt die Farbe.

Die Lackierung hat ein Fachmann vorgenommen, die übrigen Restaurierungsarbeiten hat Jens Laukart durchgeführt: „Hab’ ich mir alles selbst beigebracht.“ Seinen ersten Oldtimer, bekennt der 41-jährige Kaufmann, habe er sich nämlich etwas „blauäugig“ zugelegt.

Das war vor rund zehn Jahren. Am Anfang reparierte er den Wagen eher sporadisch, doch dann nistete sich der Rost ein und er entschloss sich zu einer kompletten Restaurierung. „Ich habe ihn bis auf die letzte Schraube zerlegt und dann wieder aufgebaut.“ Ein Projekt, das ihn viele Hundert Stunden und viele Tausend Euro gekostet hat.

Die Restaurierung war auch deshalb so zeit- und kostenintensiv, weil Laukart Wert darauf legte, möglichst nur Originalteile zu verwenden. So hat er den kunstledernen Schaltknauf via Internet in Australien bestellt und die schwarz-grauen Kokos-Fußmatten im Keller eines Ford-Händlers entdeckt, wo sie „dreißig Jahre lang im Regal gelegen haben“.

Waren Originalteile, wie etwa die Kotflügel, doch einmal nicht aufzutreiben, beschaffte er sich authentische Reproduktionen. Er beließ es allerdings nicht dabei, den Taunus wieder in den Werkszustand zu versetzen — er frisierte ihn auch. „Aber zeitgenössisch“, betont Laukart, „also so, wie es die Jungs in den 70ern auch gemacht hätten.“ Konkret bedeutet das: ein 2,8-Liter-V6-Motor, 13-Zoll-Felgen und ein doppelläufiger Sportauspuff. Außerdem legte Laukart den Viertürer tiefer, um 60 Millimeter. „Aber das war auch wegen des Fahrverhaltens, vorher fuhr der sich nämlich etwas schwammig.“ Überhaupt seien die Taunus-Modelle ursprünglich nichts Besonderes gewesen: „Das waren klassische Familienkutschen, Brot- und Butter-Autos.“

Vielleicht als Reminiszenz an diese bürgerliche Vergangenheit bestückte er die Hutablage im Heck mit einem gehäkelten Klopapierrollenüberzug. „Das hatte man früher halt so“, sagt er lachend. Die blau-weiße Häkelei habe er übrigens „von einer Oma auf dem Trödelmarkt gekauft, für 50 Cent — inklusive Klopapier“. Auch dieses Detail sei selbstverständlich zeitgenössisch: „Ich habe sie extra gefragt, sie hat das in den 70ern gehäkelt. Und das Klopapier ist ganz grau und sehr hart.“ Ebenfalls zeitgenössisch, wenn auch weniger bürgerlich, ist der Playboy, der hinter dem Beifahrersitz klemmt. Es ist die Ausgabe vom März ’75, dem Monat, in dem der Taunus aus dem Ford-Werk rollte.

Auch die blauen Plüschwürfel, die am Rückspiegel hängen, erinnern an alte Zeiten, erzählt Laukart: „In den USA war das früher ein Zeichen dafür, dass man auf der Suche nach Gegnern für ein illegales Straßenrennen ist.“ Die sucht Laukart eigentlich nicht, nur einmal hat er sich dann doch gehen lassen: „Da stand neben mir an der Ampel ein Audi A 6 und der wollte es wissen. Also habe ich ihn abgezogen.“ Wenn auch nur auf den ersten Metern, wie er einräumt: „Die Beschleunigung ist gut, aber die Endgeschwindigkeit reicht dann eben doch nicht.“

Von dieser verwegenen Viertelmeile einmal abgesehen, fährt Laukart aber ausgesprochen zurückhaltend. Er will keinen Blechschaden riskieren: „Das wäre schlimm!“ Und bei Regen ist er mit seinem Taunus überhaupt nicht unterwegs, wegen des garstigen Rosts. Deshalb steht der Wagen von November bis März meist im Schuppen in Tönisvorst. Im Alltag nutzt Laukart den „Enkel des Taunus’“ — einen Ford Mondeo.

Mit dem „Großvater“ fährt er am liebsten bei blauem Himmel, gerne auch zu Oldtimer-Treffen. Manchmal begleitet ihn dabei seine Freundin: „Die mag den Taunus. Nur lange Strecken findet sie nicht so toll — dann beschwert sie sich immer, dass ihr Haar nach Benzin stinkt.“

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