Literarischer Sommer: Bräute auf Weltreise

Marieke van der Pol: Junge Niederländerinnen suchen ihr Glück im fernen Neuseeland.

Krefeld. Die Niederlande sind arm. Es gibt wenig Arbeitsplätze und Wohnraum. Da geht es dem kleinen Staat nicht anders als vielen anderen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Regierung fordert deswegen sogar junge Leute auf, anderswo ihr Glück zu suchen.

So machen sich 1953 26 junge Frauen auf nach Christchurch in Neuseeland. Dort warten schon ihre Verlobten und Ehemänner auf sie. "Brautflug" heißt der Roman, in dem die Niederländerin Marieke van der Pol (Foto) diese historische Begebenheit aufgearbeitet hat. Sie stellte ihn jetzt im Rahmen des Literarischen Sommers in Haus Greiffenhorst vor.

Die Autorin hat als Schauspielerin begonnen, dann fing sie an, Drehbücher zu schreiben. "Brautflug" ist ihr erster Roman, dem man noch anmerkt, dass van der Pol auch diesen Stoff zunächst als Drehbuch verarbeitet hat. Die Verfilmung kam 2008 in die holländischen Kinos.

Moderatorin Margarete von Schwarzkopf führte durch den Abend, sie und van der Pol, die auf Deutsch las und Fragen auf Englisch beantwortete, warfen sich routiniert die Bälle zu. Das lockere Zusammenspiel der beiden war unterhaltsam, doch hätte man sich vielleicht doch mehr Vorlesepassagen gewünscht.

Ada, calvinistisch-restriktiv erzogen, die lebenslustige Katholikin Majorie und die Jüdin Esther, deren Familie im Krieg Opfer deutscher Verfolgung wurde und die deshalb ein neues Leben beginnen will, sind die drei fiktiven Charaktere, deren Schicksal van der Pol verfolgt.

Die Autorin hat in Neuseeland ausgiebig recherchiert, und so mögen ihre Protagonistinnen realistische Details aus vielen Leben erleben. Die Dramatik der Handlung hat jedenfalls einen reichlich zugespitzten Charakter. So erleidet ausgerechnet Majorie, die viele Kinder haben möchte, eine Fehlgeburt, und das Leben der strenggläubig erzogenen Ada ist von Versuchungen durchzogen.

Ada hat sich noch im Flugzeug in den Mitpassagier Frank verliebt, aber in Christchurch wartet der patriarchal gesinnte Derk auf sie. Der stopft sie nach der Ankunft auf die Ladefläche seines Transporters, denn im Führerhaus muss ja noch der Pfarrer mitfahren. Derlei bildliche Überdeutlichkeit verdankt sich wohl der Drehbuchautorinnenvergangenheit der Romandebütantin. Gleichwohl verstand es van der Pol, Lust auf die Lektüre ihres Romans zu wecken.

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