Krefelds Brandenburger Tor

Früher war das Bauwerk für Fußverkehr geöffnet. Heute sind nur eine Gedenktafel und der preußische Adler übrig.

Krefelds Brandenburger Tor
Foto: Stadt Krefeld

Krefeld. Das Brandenburger Tor in Berlin ist weltberühmt. Der preußische König Friedrich Wilhelm II. (1744 bis 1797) beauftragte den Architekten Carl Gotthard Langhans (1732 bis 1808) mit dem Bau des Stadttores, das zwischen 1788 bis 1791 errichtet wurde. Bereits seit 1770/71 existiert ein gleichnamiges Tor im benachbarten Potsdam. Und auch in Krefeld gab es in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein „Brandenburger Tor“. Wer es allerdings unwissentlich passierte, erlebte eine böse Überraschung — er landete im Stadtgraben.

Krefelds Brandenburger Tor
Foto: Stadt Krefeld

Die Geschichte des „Brandenburger Tores“ fällt in die Zeit der Stadterweiterungen: Während eines Besuchs in Krefeld bei der Familie von der Leyen am 7. August 1738 wurde dem preußischen König Friedrich Wilhelm I. (1688 bis 1740) die Problematik des Wohnraummangels erläutert. Der erließ nach seiner Rückkehr in Berlin ein entsprechendes Reglement für den geplanten dritten Ausbau (grob das Karree Rhein-, Winkel-, Carl-Wilhelm-Straße und südliche Verlängerung der heutigen Färberstraße). Mauern und Graben mit samt einem neuen Stadttor an der Ecke Carl-Wilhelm-Straße /Friedrichstraße des neuen Quartiers „Wilhelmstadt“ wurden 1740 fertig gestellt.

Auf einer Ost-West-Achse querte die Creutz-Straße (heute St.-Anton-Straße) den Stadtteil. Diese wurde mit der vierten Stadterweiterung (1752) nach Westen nochmals verlängert. Sie endete aber weiterhin an beiden Enden an der Stadtmauer, die zehn bis elf Fuß (gut 3,40 Meter) hoch war.

Dieser triste Abschluss gefiel den Zeitgenossen wohl nicht. So sollten an den Enden identische Mauerverzierungen oder Brandtüren entstehen, wie es in einem Bericht der Kriegs- und Domainen-Kammer Moers vom 21. Januar 1753 heißt. Bereits der „Plan der Stadt Crefeld nebst der 1752 angefangenen neuen Anlage“ zeigt eine kleine Öffnung am östlichen Ende der Creutz-Straße. An anderer Stelle sind diese mit einem „P“ für „Brandt Thören“ bezeichnet. Durch die Öffnung sollten die Bürger bei einem Brand schnell an das Wasser im Stadtgraben gelangen.

Der „Landt Bau Meister Meinecke“ entwarf „zur Verzierung der Mauer und Feuer Pforten gegen der Creutz Straesse“ einen Torbogen mit zwei Figuren. Eine Zeichnung vom Entwurf des „Westtores“ ist erhalten geblieben. Zumindest am östlichen Ende wurde dieses Vorhaben auch umgesetzt. In einem Bericht der Kriegs- und Domainen-Kammer wird zudem angefragt, ob dafür nicht „neben des Königs Namen derjenige des Präsidenten von Bessel in das hierzu bestimmte Feld über den Brandtüren gesetzt werden solle.“

Friedrich, der Große, antwortete, dass der Name des Landesvaters wohl ausreichend sei und so wurde die Inschrift verfasst: „Unter der Regierung von Friedrich Wilhelm I., des großmächtigsten Königs Preußens, wurde die Erweiterung um diesen Teil der Herrlichkeit im Jahre 1738 begonnen und unter Friedrich II. vollendet.“ Gedenktafel und ein preußischer Adler zierten fortan das „Tor“.

Auf einem Stich aus dem Jahr 1787 ist am östlichen Ende der Creutz-Straße nicht mehr eine kleine Öffnung, sondern eindeutig ein größeres Tor direkt an der Stadtmauer zu erkennen. Aber weder auf einem Stadtplan noch auf einer Stadtansicht findet sich für diesen Zeitraum eindeutig ein „Brandenburger Tor“ als reguläres Stadttor. „Nun wird man die Krefelder nicht beschuldigen können, das Brandenburger Tor als reines Phantasieprodukt erschaffen zu haben“, schreibt der ehemalige stellvertretende Archivarleiter Dieter Hangebruch in einem Aufsatz in „Die Heimat“, Jahrgang 76.

Ob das „Brandenburger Tor“ seinen Namen angelehnt an seine Funktion als „Brandpforte“ oder wegen der Gedenktafel mit dem preußischen Adler vom „Volksmund“ erhielt, lässt sich wohl nicht mehr nachweisen. Letzteres ist anzunehmen und scheint sich im Bewusstsein der Zeitgenossen festgesetzt zu haben, denn die Ortsbezeichnung „Brandenburger Tor“ wird auf Karten und in Texten verwendet: Nach dem Jahr 1800 werden Häuser und Unternehmen am und vor dem „Brandenburger Tor“ genannt. Auf der Goldammer-Karte von 1820 findet sich die Bezeichnung „Brandenburger Thor“ für die heutige St.-Anton-Straße. Eine Anzeige im „Intelligenzblatt für Crefeld und Umgebung“ aus dem Jahr 1834 stammt von einem Anbieter, der an der Brandenburger Straße wohnte.

Als Stadttor, so argumentiert Hangebruch, konnte das „Tor“ überhaupt nicht benutzt werden, weil sich auf der anderen Seite der Mauer direkt der Stadtgraben anschloss. In der Stadtgeschichte (1953) von Gottfried Buschbell wird angemerkt, dass das Brandenburger Tor für den „täglichen kleinen Verkehr geöffnet“ wurde. Die verwendete Quelle berichtet aber lediglich allgemein von zwei Fußgängertoren zu dieser Zeit, ob es sich tatsächlich um das Brandenburger Tor handelte, ist fraglich, aber auch nicht gänzlich abwegig. So existieren Berichte zu Beginn des 19. Jahrhunderts über Beschädigungen und der teilweisen Zerstörungen durch Bürger der ohnehin maroden Stadtmauer.

Im Vorgriff auf den Abriss der Stadtmauer vorweg zugreifen, diente das Brandenburger Tor den direkten Anwohnern vielleicht doch noch eine kurze Weile als „echtes“ Tor, damit sie sich einen Umweg zu den Gärten vor der Stadt sparten.

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