Konzertagent Shahi: „Wir sind die Trüffelschweine“

Der Krefelder Hamed Shahi hat auf der Frankfurter Musikmesse den „Live Entertainment Award 2011“ erhalten.

Krefeld. Fünf Meter hoher Bambus raschelt im Lichthof seines Hauses im Abendwind — in Krefeld. Denn der Mittvierziger Hamed Shahi liebt beides: Bambus und Krefeld. Doch mit seiner Firma ist er vor einigen Jahren nach Düsseldorf umgezogen. Als er bei der Krefelder Stadtverwaltung nachfragte, welches Gelände sich am besten für ein Festival eigne, bekam er die sinngemäße Antwort: „Das müssen Sie selber wissen. Sie sind ja Konzertagent." Derartige Behandlung hat den Geschäftsführer der SSC Group vergrätzt.

Auf der jüngsten Frankfurter Musikmesse erhielt Shahi, deutscher Staatsbürger mit persischen Wurzeln, den „Live Entertainment Award 2011“. Auf seiner ausverkauften Tournee durch große Clubs der deutschen Medienstädte begeisterte der Franzose Ben L’Oncle Soul das Publikum: Mit perfekt eingespielter Live-Band präsentierte er stilsicher seine Eigenkompositionen, die sich am klassischen Sound der goldenen Soul-Ära orientieren. Bens erstes Album wurde 2010 vom französischen Ableger des legendären Motown-Labels verlegt.

Wo findet man solch einen Künstler?

Hamed Shahi: Auf einer Musikmesse zwei Eisenbahnstunden südlich von Paris. Sein Agent hat mir die CD von Ben L’Oncle Soul gegeben. Mit zwei prall gefüllten Tüten mit Promotionsmaterial bin ich nach Deutschland zurückgekehrt.

Soul ist wieder „in“?

Shahi: Noch ist Soul ein Nischenprodukt. Unsere Firma hat sich auf Nischen wie Indie und Elektro spezialisiert und ist damit groß geworden. Wir gelten als die Trüffelscheine im Business, weil wir prognostizieren, welcher Sound in den nächsten zwölf Monaten hip ist. Inzwischen haben wir 14 Mitarbeiter, in Düsseldorf, Basel und Berlin. Die Berliner Wirtschaftsförderungsgesellschaft hat uns übrigens mit einem Willkommensschild begrüßt.

Was läuft in Krefeld schief?

Shahi: Es gibt zum Glück Lichtblicke. Einer davon war die von WFG und Kulturbüro veranstaltete Kreativwoche. Die Politik soll sich aus der Kultur heraushalten, sie hat lediglich Rahmenbedingungen zu schaffen. Auf einen Museumsdirektor haut man nicht von links und rechts ein; man lässt ihn in Ruhe arbeiten. In Köln haben Kunstschaffende mehr Freiheiten. Krefelds Pfründe sind die Mies-van-der-Rohe-Bauten, keine andere Stadt hat soviel davon. Damit kann man international glänzen. Die Kulturfabrik hat es leider versäumt, sich ein Image als spezieller Veranstaltungsort zu schaffen. Mit Partys kann man lediglich Bier verkaufen.

Kreativwirtschaft — was müssen Kreative darunter verstehen?

Shahi: Musiker brauchen einen Manager und einen Konzertagenten, bildende Künstler einen Galeristen. Kreativ-Wirtschaft ist nicht Kunst, sondern die Kunst, Kunst zu vermarkten. Deshalb haben wir in Köln im ehemaligen 4711-Haus an der Venloer Straße zwei Etagen gemietet. In diesem Kreativ-Haus haben sich Musikproduzenten, Konzertveranstalter, Designer und kleine Plattenfirmen niedergelassen. Mein dortiges Projekt ist das C/O Pop-Festival, ein Nachkomme der nach Berlin gewechselten Popkomm. Ich gehöre zu den Gesellschaftern.

Welche Entwicklungen sagt ein Pop-Trüffelschwein voraus?

Shahi: Musik-Consulting gewinnt zunehmende Bedeutung. Wir beraten seit drei, vier Jahren Weltunternehmen wie Sony Ericson, Vodafon, Becks oder Hilfiger, wie sie ihre Produkte mit zeitgemäßer Musik bewerben können. Und irgendwann werden Live-Konzerte via Internet bis aufs Handy übertragen. Der Sound wird deutlich besser werden. Bei immer weniger und somit schnell ausverkauften Live-Konzerten der Top-Stars wird das die Alternative sein. Der Fan aus Erfurt wird kaum für viel Geld nach Mönchengladbach fahren, um Shakira im Hockeypark zu erleben.

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