Interview mit Wolfgang Niedecken: Ein Lied für Kindersoldaten

Die Kölner Band BAP ist am 18. März im König-Palast zu Gast. Frontmann Wolfgang Niedecken spricht über das neue Album, die Tournee und sein Afrika-Engagement.

Krefeld. Was vor 33 Jahren mit einem Kasten Bier begann, der einfach nur "leer gespielt werden sollte", ist heute ein Stück Kölner Musikgeschichte - zu hören auf 21 Alben. Das neue Album der Gruppe BAP heißt "Radio Pandora".

Wolfgang Niedecken: Nein, eigentlich drängt sich immer etwas auf. Manchmal ist es nur ein Satz oder eine bestimmte Situation, die mich zu neuen Songs inspirieren. Aber gleich so viele gute Stücke zu haben, dass es für eine Doppelausgabe "Radio Pandora" reichte, ist natürlich ein Luxusproblem gewesen. Doch es sind auch schon vier Jahre vergangen seit unserem letzten Album...

Niedecken: Das kann man sagen. Wir sind durch Uganda, Mexiko, Chile und Argentinien gereist. Auf der Patagonien-Tour mit meinem Freund Manfred Hell habe ich "Frankie Un Er" geschrieben. Es ist eins meiner liebsten Stücke, in dem es nicht um Politik, sondern um Persönliches geht, wie die eigene Vergänglichkeit. Nach meinem Besuch in Westafrika ist "Noh Gulu" entstanden, ein Song über Kindersoldaten und Bürgerkriegswaisen in Nord-Uganda.

Niedecken: Die Aktion brauchte Werbung und man hat mich angesprochen. Ich habe Flüchtlingslager, Krankenhäuser und andere Einrichtungen vor Ort besucht, dabei so unendlich viel Leid gesehen, dass ich dachte: Wenn du jetzt nach Hause fährst und mit den Schultern zuckst, bist du ein Arschloch. Ich habe überlegt, an welcher Stelle mein Einsatz Sinn macht. Den Profis der Hilfsorganisationen darf man nicht im Weg stehen. Ich bin ja kein Afrika-Experte. Aber wenn ich der Aktion als Botschafter helfen kann, mache ich es. Ich sehe mich als Bindeglied zwischen den Hilfsprojekten und der Öffentlichkeit. Neben Spenden geht es vor allem darum, Afrika und die Probleme des Kontinents ins Bewusstsein zu rücken.

Niedecken: Ja, daran wird sich niemals etwas ändern. Kölsch ist die Sprache, in der ich empfinde.

Niedecken: Von Mitte der 80er Jahre bis Ende der 90er hatten wir viel Streit in der Band und uns dadurch oft selbst die Kraft genommen. Der größte Umbruch war sicher die Trennung von Klaus "Major" Heuser. Er wollte radiotaugliche Musik machen, nicht mehr auf Kölsch weiterrocken. Ich musste jahrelang Dinge singen, die ich nicht mochte. Irgendwann ging die Band eben in zwei Richtungen auseinander. So wie es jetzt ist, bin ich glücklich.

Niedecken: Stimmt. Wir haben dem Major viel zu verdanken. Aber wir beide waren nie das, was man Freunde nennt. Unsere Geschmäcker liegen zu weit auseinander. Ich konnte mit seinem Geschrammel einfach nichts mehr anfangen. Ich mag den Radio-Pop à la Phil Collins nun einmal nicht und habe die Trennung deshalb auch nie bedauert. BAP ist seinen Wurzeln jedenfalls bis heute treu geblieben.

Niedecken: Natürlich weiß ich, wie ein Ohrwurm geht, 08/15-Songs sind schnell komponiert. Doch ich will keinen Sicherheits-Reggae schreiben und bin auch nicht so drauf, dass ich jahrelang auf einen Hit hinarbeite. Keith Richards, mein absoluter Lieblings-Gitarrist, hat einmal gesagt: "Don’t press your luck, son." Mir geht es darum, mit meinen Songs eine Geschichte zu erzählen, die mir am Herzen liegt. Die Musik zu "Aff un zo" wollte ich deshalb anfangs auch gar nicht betexten. Aber Helmut (Krumminga, Anm. d.Red.) hat sie immer wieder bei mir eingereicht.

Niedecken: Nein, es sind auch viele Songs durch Demo-Bänder der Bandmitglieder entstanden. Die Jungs geben mir ihre Musik ab, ich höre rein, habe selbst ein paar Akkorde im Kopf und so werden die Songs irgendwann zum Soundtrack meines Alltags. Manche Demos liegen sehr lange und plötzlich gibt es einen Text dazu in meinem Kopf. Andere schreibe ich sofort: Die Hommage an den US-Schriftsteller Jack Kerouac zum Beispiel. Es lief ein Fernsehbeitrag über dessen Roman "On the Road", innerhalb einer Stunde war die erste Version fertig.

Wo schreiben Sie denn? Am Computer in Ihrem Arbeitszimmer?

Niedecken: Sie werden lachen, ich bin altmodisch. Ich brauche das sinnliche Erlebnis mit Papier und Bleistift. Ich habe schon haufenweise Kladden voll geschrieben.

Niedecken: Nein, ich mache Musik, solange es mir Spaß macht und mich die Leute hören wollen.

Niedecken: Auf keinen Fall. Wir sind auch schon einmal in der Seidenweberhalle aufgetreten. Uns ist wichtig, dat överall jespillt wird, wo ’ne Steckdos’ is’.

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