In Sachen Liebe kennt der Krawattenmann sich aus

Eckart von Hirschhausen begeistert sein Publikum im Seidenweberhaus.

Krefeld. Mit einem gekonnten Griff entledigt er sich auf offener Bühne der gestreiften Krawatte. Da ist die Show mal gerade eine Viertelstunde alt. Der Knoten schnüre die Blutzufuhr zum Gehirn ab. Das Blut brauche er bei der weiteren Arbeit.

Immerhin hat Dr. Eckart von Hirschhausen dem Publikum im voll besetzten Seidenweberhaus brav demonstriert, dass er am 3. Dezember in Krefeld zum "Krawattenmann des Jahres" gekürt wurde. Doch nicht die Mode, sondern "Liebesbeweise" sind das Thema des "medizinischen Kabarettisten".

Bevor sich der studierte Mediziner in die biologischen und seelischen Abgründe menschlicher Liebes- und Streitbeziehungen begibt, kommt er doch noch mal auf den Schlips: "Krefeld ist ganz schön clever, mit so wenig Stoff so viel anzustellen. Das wird nur noch vom Bikini überboten."

Hirschhausen, der auf der Bühne zwischen seinem Pianisten und Duett-Partner Christoph Reuter, einem Steh- und einem Arbeitstisch hin- und hertigert, gelegentlich auch einen Bildschirm zur Hilfe nimmt und Ausflüge ins Publikum nicht vergisst, zum Beispiel, um einem jungen Pärchen die Hintergründe seiner jungen Liebe zu entlocken, kann alles medizinisch begründen. Damit hat er seine Karriere angefangen und das hält er durch. Ob es ihm am 8. Mai bei der Premiere als Jörg Pilawas Nachfolger in der Abend-Show "Frag doch mal die Maus" gelingt, wird sich zeigen.

Hirschhausen sprüht vor Geistesblitzen, spitzigen Wortspielen und improvisierten Assoziationen und lässt seine Bemerkung vergessen, dass Kabarett "Arbeit" sei. Der groß gewachsene Berliner, der mit seinen 42 Jahren die Attitüde "großer Junge" vor allem zur Freude des weiblichen Publikums pflegt, lässt keinen Gag aus, geht aber nie unter die Gürtellinie, was beim Thema Liebe und Sex schnell passieren könnte.

Der Doktor, der zwischendurch mal schnell am Tee nippt, um seine Stimme bei Laune zu halten, geißelt die "serielle Monogamie" einiger Prominenter und zeigt den Herren der Schöpfung, wie armselig sie doch mit dem Y-Chromosom dran sind ("Ich wünschte, das wäre ein Gag").

Statt extreme Fälle von Zwei- oder Mehrsamkeit zu analysieren, hält sich Hirschhausen beim Lob des Normalen auf. So stellt er ein Saal-Paar auf den Sockel, das seit 37 Jahren sonntags gepflegt im Bett frühstückt und geht auf die Suche nach der "schwangersten Frau" im Publikum. Da er nur zwei findet, bekommen beide ein Geschenk und er die Gelegenheit zum Hinweis auf die Demografie: "Die beiden Babys sollen uns alle später mal pflegen."

Seine hintergründigen Sprüche ernten alle die beabsichtigten Lacher, so wie "Liebe Dich selbst, dann können die anderen Dich gern haben", und das Publikum nimmt ihm auch allzu Lehrerhaftes nicht übel, immerhin kann Hirschhausen ein Wort wie "transzendent" aussprechen und sicher sein, verstanden zu werden. Er hält ein Plädoyer für das "Jetzt" und scheut sich nicht, die schöne Geschichte vom Pinguin aus seiner vorangegangenen Show noch mal aufzuwärmen.

Zum Abschluss lässt Hirschhausen sein Publikum den Beatles-Song "All you need is love" intonieren, nicht ohne eine kritische Zweitversion vorzuschlagen.

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