Im Zeppelin um die Welt

Ein Hülser findet den Nachlass des Fotografen Rolf H. Carl auf einem Dachboden.

Krefeld. Verwegen lächelnd blickt der junge Mann in die Kamera. In der Tat hat dieser fesche Bursche beachtliche Abenteuer vorzuweisen. Eine Expedition in die Arktis etwa mit dem "Fliegenden Pater" Paul Schulte oder das Fotografieren aus einer nur über eine Leiter zu erreichende Zeppelin-Gondel.

Rolf H. Carl war von 1929 bis 1933 Fotograf an Bord des Luftschiffes "Graf Zeppelin", flog unter anderem über Moskau, Island und nach Südamerika. Ein Teil seines Nachlasses ist nun auf Umwegen nach Hüls gelangt und wird dort zum ersten Mal im Rahmen einer Ausstellung in der Ökumenischen Begegnungsstätte zu sehen sein.

Diesen historischen Schatz hat der Hülser Presbyter Martin Jochim jüngst auf dem Dachboden seiner Schwiegermutter gehoben. Mit dem Kauf von Möbeln aus dem Nachlass der Schwester Carls waren auch zwei Kisten mit Fotomaterial in ihren Besitz gelangt. "Ich habe begonnen, den Inhalt der Kisten zu ordnen und bin dabei immer mehr in das Leben dieses Mannes abgetaucht", berichtet Jochim und die Augen leuchten vor Begeisterung.

In der Tat gibt das Material einen interessanten Einblick in das Arbeitsleben an Bord eines Zeppelins, zeigt die Unterschiede zwischen den noblen Passagier-Bereichen und den beengten Mannschaftsräumen. In leider nur recht kleinem Format gibt es etwa Luftaufnahmen vom noch verschlafenen Reykjavik und dem Bau des Lenin-Mausoleums am Roten Platz.

Mit liebevoller akribischer Detektivarbeit hat Jochim die ihm zugefallenen Fotos nach und nach zuordnen können, hat das Material mit technischen Daten und Schnittzeichnungen der Zeppeline ergänzt. Entstanden ist so ein mit Informationen gespickter Einblick in die Historie der Zeppelin-Luftfahrt, eingebettet in die persönliche Geschichte Carls.

So berichtet ein Original-Brief an die Mutter Carls davon, wie der "Graf Zeppelin" vor Moskau mit Salutschüssen begrüßt wurde. Dem Techniker gelang es zwar, die entstandenen Löcher in der Außenhaut während der Fahrt zu flicken. Weil das Schiff hecklastig geworden war, wurden alle übrigen Anwesenden allerdings in den Bug geschickt. "Wir hätten draufgehen können", schreibt Carl dazu.

Waghalsig auch seine Fahrten mit dem "Fliegenden Pater". Paul Schulte hatte per Luftweg schnelle Hilfe auch in entlegendste Missionen möglich machen wollen. So ging es etwa in die Arktis, wo der Film "Eismission" entstand. Fotos künden von den Schwierigkeiten der beiden, von einer Notlandung mit dem Flugzeug etwa und von äußerst provisorischen Hilfsmitteln für das Filmen.

Mit der Vorbereitung der Schau hat Ingenieur Martin Jochim wohl eine Leidenschaft dazugewonnen - den Zeppelin - und ist seinem Ziel näher gekommen: "Wir wollen in Zukunft mehr Ausstellungen zeigen."

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