Fast alle wollen den Schornsteinfeger anfassen

Gerade zum Jahreswechsel sind Glücksbringer besonders gefragt. Ein solcher ist Olaf Heidenfels als Mann in schwarzer Kluft gewissermaßen von Beruf.

Fast alle wollen den Schornsteinfeger anfassen
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Sie wollen ihn mal anfassen oder ihm wenigstens die Hand schütteln, andere wollen ihn sogar gleich umarmen. Wenn Olaf Heidenfels in seiner Uniform unterwegs ist, dann folgen ihm die Blicke oder „manchmal auch Frauen, die mir auf die Wange küssen möchten“.

Für den Schornsteinfeger gehört das „irgendwie zum Beruf“. Es passiert ihm „eigentlich immer - und manchmal sehe ich auch, wie Menschen sich im Stillen an die Knöpfe packen, auf ihr Portmonee klopfen oder sich im Kreis drehen, wenn sie mir begegnen“. Ein Muffkopf könne man als Schornsteinfeger jedenfalls nicht sein. „Man steht auch durch die Uniform einfach in der Öffentlichkeit.“

Das Glück verschenkt werden kann, hoffen die Menschen gerade auch ums Silvesterfest, wenn neben den typischen rosa Schweinchen auch Millionen kleiner Kollegen von Heidenfels aus Schokolade oder Marzipan den Besitzer wechseln. Und gerade zum Jahresende beobachtet Heidenfels auch bei seinen menschlichen Kollegen, die ihren Zylinder nicht so gerne tragen, dass der Hut wieder zum Standard wird.

Der häufigste Wunsch, der an den 45-Jährigen von Kunden, aber auch Fremden auf der Straße herangetragen wird, ist der von einem Millionen-Lotto-Gewinn. „Ich sage dann immer, für Geld bringe ich kein Glück, nur für Liebe und Gesundheit“, sagt der Tönisvorster, der im Krefelder Schornsteinfeger-Bezirk 15 für Gatherhof, Schicksbaum und einen Teil des Nordbezirks zuständig ist. Gelegentlich erzählen ihm die Menschen, wenn er sie wiedertrifft, begeistert, er habe ihnen Glück gebracht.

Für seine Arbeit auf dem Dach, sagt Heidenfels, „sollte man sich nicht auf Glück verlassen - da sollte man den Respekt nicht verlieren“. Aber selbstverständlich habe es auch Situationen gegeben, in denen er Glück gehabt habe, nicht heruntergefallen zu sein. Für ihn privat sei Glück, dass „meine Familie, meine siebenjährige Tochter gesund ist“, und im Moment, dass er die Feiertage in Ruhe genießen konnte.

Denn sein Arbeitsalltag ist vollgepackt mit vielfältigen Aufgaben. „Das traditionelle Handwerk wie das Schornsteinfegen und der Brandschutz sind immer noch ein großer Bestandteil unserer Arbeit, aber es sind auch zahlreiche hinzugekommen.“ Umweltschutz, Emissionsschutz und Energieberatung sind nur einige Beispiele. Als sogenannter bevollmächtigter Schornsteinfeger seines Bezirks - zur Kreisgruppe Krefeld gehören insgesamt 18 - ist er im Namen des Staates unterwegs, und auch dafür verantwortlich, Mängel zu melden. Deshalb gehört auch viel Papierkram zu seiner Tätigkeit. „Mittlerweile sitze ich mittlerweile zu 75 Prozent am Schreibtisch.“

So muss er beispielsweise weitergeben, wenn Hausbesitzer sich nicht um Fehler kümmern, die lebensgefährlich werden können. Beispiel: Kohlenmonoxid. Immer wieder gibt es deutschlandweit Horrormeldungen von defekten Heizungen, durch die ganze Familien vergiftet worden sind. „So gesehen kann man also auch sagen, dass Schornsteinfeger Glück bringen, weil sie eine große Zahl von Unfällen zu verhindern wissen.“

Und damit hat sich die Vorstellung, dass die Männer in Zylinder, Koller (so heißt die Uniformjacke dieser Handwerker) und Koppel (Gürtelschnalle) Gutes zu den Menschen bringen, seit ihrer Entstehung nicht wesentlich geändert. „Der Legende nach entstand die Idee des Schornsteinfegers als Glücksboten zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert. Damals zogen sie noch von Dorf zu Dorf und boten ihre Dienste an. Wenn sie kamen, freute sich die Bevölkerung und sah es als großes Glück an.“

Die Menschen mussten sich keine Sorgen mehr um Brandgefahr durch verstopfte Kamine machen. Auch zogen die Schlote wieder gut, das Zubereiten des Essens und ausreichende Heizen der Wohnräume war sichert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort