Erste Heirat in der Synagoge

Olga und Michael Rosow gaben sich das Ja-Wort – für viele ist das Gotteshaus jetzt erst „richtig“ eröffnet.

Krefeld. Die 150 Gäste schauen erwartungsvoll auf das Brautpaar, der Höhepunkt der Hochzeit steht kurz bevor: Rabbiner Yitzhak Mendel Wagner verpackt das Weinglas in Alufolie, legt es vor die Füße des aufgeregten Bräutigams - und Michael Rosow zertritt es mit einem beherzten Fußstoß.

"Mazel Tov, Mazel Tov!", tönt es aus allen Ecken der Synagoge. "Viel Glück dem frischgebackenen Ehepaar!" Olga küsst und herzt "ihren" Michael, die Gäste strömen begeistert nach vorne zum Baldachin, Chuppa, um zu gratulieren.

Die Hochzeit in der Synagoge ist nicht nur der schönste Tag im Leben von Michael und Olga Rosow, sondern auch etwas Besonderes für die jüdische Gemeinde in Krefeld.

Rabbi Wagner betont ganz zu Anfang der Zeremonie: "Dies ist die erste Hochzeit in dieser Synagoge, die im vergangenen September ihre Pforten öffnete. Dies ist erst die richtige Eröffnung des Gotteshauses." Die erste Heirat seit 70 Jahren.

Bereits als die Braut, Kalla, auf ihrem traditionell geschmückten Stuhl auf ihren Bräutigam, Chatan, wartet, ist die Aufregung spürbar groß. Die Gäste zücken Kameras und Fotohandys, um den Moment festzuhalten.

Endlich schreitet Michael, flankiert von Vater und Schwiegervater, auf Olga zu und bedeckt sie mit einem weißen Schleier, Bedeken. Der Jurist strahlt durch seine randlose Brille und wird das Lächeln den ganzen Tag über nicht verlieren.

Seine Braut ist in ein zart gerafftes weißes Kleid gehüllt, trägt gelbe Rosen und erwidert das Lächeln nicht minder strahlend.

Unter der Chuppa segnet Rabbi Wagner das Brautpaar. Es ist die erste Hochzeit, die er leitet. Er hält den Ehering hoch: "Ich bin Zeuge. Dies ist dein Ring, Michael."

Michael Rosow nimmt ihn und sagt: "Harei at mekadeshet li be tabat zu kedat Moshe ve Israel." Also: "Hiermit bist du mir angetraut nach dem Gesetzt Moses und Israels."

Einige Damen unter den Gästen zücken die Taschentücher, während Olga Rosow ihre Hand, an dem nun der Ring steckt, hebt.

Sieben Personen segnen das Brautpaar und das Glas Wein: Großvater, Bruder, Freunde. Ein bisschen vom Inhalt wird verschüttet, "nicht schlimm, ist ja nur Weißwein und kein Rotwein", sagt die Braut lachend.

Olga Rosow hat sich lange auf diesen Tag vorbereitet: "Ich bin sogar nach Antwerpen gefahren, um ein spezielles rituelles Bad mit fließendem Wasser zu besuchen", erzählt sie.

Die traditionelle Reinigung in einer Mikve ist vor einer Hochzeit für Frauen verbindlich. Auch ihr Mann hat sich intensiv vorbereitet, mit dem Ehevertrag Ketuba.

Im Dezember hatte das Paar standesamtlich geheiratet, vorher waren sie drei Jahre lange zusammen. Doch dieser Tag, der 13. März, ist ihnen wichtig.

Michael Rosow sagt: "Ich möchte nach der jüdischen Tradition verheiratet sein. So wie mein Vater und Großvater." Er sei in der Krefelder Gemeinde groß geworden. "Ich bin glücklich, dass ich hier nun auch heiraten kann."

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