Dampftheater: Der Schluff als Zeitmaschine

Für das Publikum ist das Dampftheater Unterhaltung pur, für Schauspieler und Helfer harte Arbeit.

Krefeld. Und dann hatte der 1,30-Meter-Mann Gisbert Görke ein Problem: Locker war der Schauspieler aus dem Schluff gesprungen, um beim Dampftheater-Spektakel am Hülser Bahnhof mitzuwirken. Doch der Weg zurück war für ihn einfach zu steil, die Stufen zu hoch. Zugführer Wolfgang Selders zögerte nicht, griff zu und hievte den Mann vom Schotter auf die Plattform. "Ähnlich war es mit den Schauspielerinnen in ihren langen Kostümen", sagt der Zugführer schmunzelnd. "Auch sie hatten Probleme, und ich half natürlich nach Kräften", lächelt er und lässt durchblicken, wen er lieber "befördert" hat.

Dampftheater ist Unterhaltung pur für das hoch verehrte Publikum. Für die Schauspieler bedeutet das Improvisationstheater harte Arbeit, gepaart mit viel Freude. Es gibt darüber hinaus eine ganze Reihe von Leuten, die mehr Stress als Spaß haben mit den Unterhaltungsfahrten ins Grüne: Lok- und Zugführer und Schaffner, die sowohl ein Auge auf den rollenden und dampfenden Protagonisten "Schluff" haben, als auch auf die gut gelaunten Zuschauer. In dieser Woche geht es wieder los mit den Zeitreisen, die diesmal in die 70er Jahre führen. Schluff und Begleitung sind gerüstet.

"Dampftheater ist eindeutig Mehrarbeit, wir haben alle Hände voll zu tun", sagt Selders. "Wir müssen - wie bei den Planfahrten - die Bahnübergänge mit Fahne und Licht sichern, die Schranken ’runterlassen und wieder heben, aber an den Theaterabenden ist im ganzen Zug kein Durchkommen: Publikum, Schauspieler und Musiker stehen im Gang, so dass wir außen vorbei laufen. Wir müssen über den Schotter hüpfen, ohne hinzufallen und dabei die Waggons beobachten, damit kein Passagier zwischendurch aus- und einsteigt. Sicherheit ist das oberste Gebot."

Funkgeräte sind ihnen ein gutes Hilfsmittel. "Wir halten bei den Fahrten immer schon am Stellwerk, 200 Meter vor dem Nordbahnhof", erzählt Selders. "Wenn ich Dienst habe, laufe ich dann in den Bahnhof. Dort läuft das Programm schon." Regisseur Wolfram Lenssen gibt dann sowohl an, wann der Zug in der Handlung auftaucht und einfahren soll, als auch wann der erste Teil des Programms beendet ist und die Lok den Hülser Berg erreichen darf. "Sonst müssen wir langsamer fahren." Auch hier ist das Funkgerät am Ohr.

Selders: "Einmal hat ein Stuntman einen Handstand auf dem Waggondach gemacht und ist so in den Bahnhof eingefahren", erinnert sich der Zugführer. "Sonst darf da keiner hinauf. Womit wir wieder bei der Sicherheit wären." Deshalb wird auch kein Hocker mitgeführt, um das Einsteigen auf freiem Land zu erleichtern. "Das wäre im überfüllten Waggon eine Stolperfalle."

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