Casablanca: Wenn der letzte Vorhang fällt

Der Niedergang des Casablanca war lange absehbar. Trotz positiver Ansätze bleiben die Zukunftsfragen seit Jahren unbeantwortet.

Krefeld. Der große Saal ist ein Prunkstück aus besseren Zeiten. Auf roten Sesseln vor einer riesigen Leinwand entsteht dort ein Gefühl für das, was Kino einmal war — bevor Multiplex-Ketten die Innenstädte überrollten und Riesenbildschirme in den Wohnzimmern das Erlebnis im Kinosaal ersetzten.

Doch seit Dezember 2004 hat auf den 800 Stühlen im großen Saal des Casablanca niemand mehr gesessen. Ein Unwetter zerstörte damals Teile des Daches — die Bauaufsicht gab den Saal danach nie wieder frei. Aus heutiger Sicht muss man wohl sagen: Es war der Anfang vom Ende.

Am vergangenen Donnerstag um 15.06 Uhr verfasste der Betreiber auf der Facebook-Seite des Kinos folgenden Eintrag: „casablanca kino schliesst am 14.9.2011 für immer . . .“. Inzwischen hat er diesen Satz zwar relativiert und träumt von einem „Sommermärchen“, doch die Hoffnung bleibt vage.

Ausgerechnet die für Kinos schwierige warme Jahreszeit soll die Einnahmen bringen, um Investitionen in Heizungsanlage und Dach zu ermöglichen.

An Rückhalt in der Bevölkerung mangelt es nicht: Auf Facebook und der Homepage der WZ erklären sich viele Krefelder solidarisch mit ihrem letzten verbliebenen Programmkino. Dennoch wird die Frage lauten: Ist es zu spät für eine Rettungsaktion?

Bereits im Oktober 2009 hatte der damalige Betreiber des Kinos, Jürgen Bourdoux, die WZ um Hilfe gebeten. Monat für Monat schrieb er damals 7000 Euro Verlust. Es drückte ein riesiger Schuldenberg, misslungene Renovierungspläne und juristische Auseinandersetzungen hatten das Traditionshaus fast ruiniert.

Als der Bericht erschienen war, rollte eine Hilfswelle los. Mehr als 50 Krefelder fanden sich zusammen, um dem Casablanca zu helfen. Ein Unternehmensberater entwickelte ein Finanzkonzept, eine Innenarchitektin plante die Umgestaltung des Foyers.

Mit Hilfe der Kulturszene entstand ein Nachtcafé, das bald zum beliebten Treffpunkt wurde. Laut Anfrage der WZ bei der Filmstiftung und der Filmförderungsanstalt in Berlin schienen sogar Fördergelder nicht ausgeschlossen.

Zehn Monate später war die Initiative tot. Dem Vernehmen nach fühlten sich die engagierten Bürger bei der Inhaberfamilie nicht mehr allzu willkommen. Vor allem der jetzige Betreiber, ein Neffe von Jürgen Bourdoux, hatte mit der Zeit fast alle potenziellen Helfer inklusive der Presse brüskiert und letztlich vergrault.

Gleichwohl hat der langjährige Partyveranstalter inhaltlich gute Arbeit geleistet: Er hat das Programm des Casablanca modernisiert und durch innovative Reihen aufgepeppt. Es gibt Stummfilme mit Live-Musik, Dokureihen, Konzerte, sogar Comedy. Das Kino hat wieder seinen festen Platz im Kulturkalender.

Den Grundsatzfragen jedoch ist er offenbar stets aus dem Weg gegangen: der Sanierungsbedarf, die Skepsis der Bauaufsicht und vor allem der brachliegende große Saal. Ob das Kino doch noch eine Zukunft hat, entscheidet sich an diesen Punkten — und an der Frage, ob Hilfsangebote endlich angenommen werden.

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