Blinde Passagiere am Ruder

Mit dem „Sturmvogel“ haben die Segler mit Handicap beim Segelklub Bayer Uerdingen seit Freitag ein eigenes Schiff.

Krefeld. Ein blinder Passagier ist meistens einer, der sich auf dem Schiff versteckt, um faulenzend die Passage zu sparen. "Unsere Blinden müssen sich nicht verstecken, sie packen ordentlich an, und sie zahlen in der Regel pünktlich ihren Klub-Beitrag".

Diesen Vergleich zog am Freitag auf der 40. "boot" in Düsseldorf Birgit Kempkes, Schatzmeisterin und Leiterin des Projektes Blindensegeln beim Segelklub Bayer Uerdingen (SKBUe).

Grund für den Auftrieb vor der Aktionsbühne in Halle 1 war die Taufe eines Bootes aus glasfaserverstärktem Kunststoff der Klasse Kielzugvogel, 5,5 Meter lang und besonders geeignet für das Blindensegeln.

Der Klub hatte das Boot vom Geld des Förderpreises angeschafft, mit dem der größte Wassersportverein Krefelds im vergangenen Jahr vom Deutschen Blindenhilfswerk geehrt worden war.

Sie werde oft gefragt, warum Blinde und Sehbehinderte ausgerechnet segeln sollen, da gebe es doch sicher besser geeignete Sportarten für diese Menschen, sagte Birgit Kempkes vor der Sekttaufe des "Sturmvogels" durch den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Düsseldorfer Messegesellschaft, Werner M. Dornscheidt.

"Blinde haben einen besseren Orientierungssinn, und sie lieben die Natur, Wind und Wellen", gab die Projektleiterin die Antwort, "über weiße Stöcke wundert sich bei uns keiner mehr. Ein mehrfacher Weltmeister im Eissegeln trainiert übrigens nur nachts, um die Sinne zu schärfen.

Die blinden und sehbehinderten SKBUe-Mitglieder setzen nicht nur vom Klubhaus am Elfrather See aus an die Pinne; sie segeln auf Nord- und Ostsee, im Mittelmeer und selbst bei den Azoren haben sie schon das Großsegel gehisst und den Spinnaker eingeholt.

Ulrike Schlepper vom Uerdinger Klub sagte beim Tauftermin ins Mikro: "Nun sind wir unabhängig von den anderen. Jetzt können wir sagen: Willst Du mit uns segeln gehen?"

Jörn Böversen ist blind, segelt nicht nur leidenschaftlich gern, sondern ist auch ein guter Windsurfer. Böversens Finger glitten nach der Taufe des "Sturmvogels" über den Schriftzug am Bug des fünfeinhalb Meter langen Bootes (Neuwert 20.000 Euro).

Seit 30 Jahren ist der SKBUe Partner der "boot" in Düsseldorf. Vorsitzender Frank Suchanek hat sich in Kindertagen dort mit der gleichaltrigen Konkurrenz des Düsseldorfer Yacht Clubs in der Opti-Klasse gemessen - und wurde einer der "weltbesten Segler", wie der Segel-Journalist Christoph Schumann betonte.

Nicht ganz unschuldig an der Partnerschaft ist der Rheinhausener Siggi Döring, ehemaliger Sprecher des Landes-Segelverbandes und jetzt Medien-Mann des SKBUe. Dafür bekam er am Freitag von der Messe-Gesellschaft einen Kuchen, der am nächstbesten Stand (Segler-Zeitung) "geschlachtet" wurde.

Am Samstag um 15 Uhr findet im Segel-Centrum Halle 1 die traditionelle Saisoneröffnung des SKBUe statt - mit vielen interessanten Gästen.

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