Alle Jahre wieder: Der Abi-Gag — nett oder nervig

Was Abiturienten schlicht witzig finden, kann Lehrer gehörig auf die Palme bringen.

Alle Jahre wieder: Der Abi-Gag — nett oder nervig
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Krefeld. Wenn das Parkett einer Turnhalle für viele Tausend Euro erneuert werden muss, hört der Spaß auf. Wenn Abiturienten jüngere Schüler auf der Toilette mit kleinen Feiglingen abfüllen, ebenfalls. Alle Jahre wieder vor Ostern legen die, die ihre Schule bald verlassen wollen, ihren Lehrern zwei Eier ins Nest: Abi-Motto und Abi-Gag.

„Gag“ stammt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie Einfall. Als Verb meint „to gag“ witzeln oder Witze machen. Im Deutschen definiert der Duden Gag als „komische Situation, witzigen Einfall“ oder „etwas, was einen Überraschungseffekt hat“. Wenn deutsche Abiturienten kurz vor dem stehen, was früher Reifeprüfung genannt wurde, denken sie über Späße nach, mit denen sie die schulische und außerschulische Umwelt drangsalieren können — vom Abi-Gag spricht der Schüler dann.

Der ist nicht jedermanns Sache, denn ab und zu - oder immer öfter - gerät der Abi-Gag aus der Spur. Was Schüler witzig finden, bringt Lehrer zum Teil auf die Palme. Das war allerdings immer schon so. Nur hat sich in den vergangenen Jahren die Qualität geändert, oft gehen die Schläge jetzt unter die Gürtellinie. Auch Sachbeschädigung ist alles andere als lustig.

Man unterscheidet zwischen Abi-Motto und Abi-Gag. In der Mottowoche feiern die Schüler ausgiebig ihre Zulassung zur Prüfung: Fantasievoll rufen sie statt zur Revo- zur „Abilution“ auf, feiern „Abi im Wunderland“, geben als Stufe mit der gewissen Würze „Mab(b)i“ in die Suppe oder fliegen als Abiloten in die außerschulische Welt. Allerdings suchen sie auch Unterrichtsstunden an anderen Schulen heim, deren Lehrer ob der Invasion nur noch resigniert feststellen können: „Da sitzen dann 20 unbekannte Gestalten herum — und nichts geht mehr.“

Für Horst Obdenbusch, Schulleiter des Fabritianums in Uerdingen und Sprecher der Krefelder Gymnasien, ist „am ersten Tag ist alles noch ganz nett.“ Da kommen die Schüler als „Helden der Kindheit“ verkleidet in die Schule. Der zweiten Tag, der Asi-Tag, ist weniger nett, wenn - so geschehen - Pennäler als Penner verkleidet auftreten: „Dass sie damit Bevölkerungsschichten diskriminieren, spielt für die Schüler offenbar keine Rolle“, so Obdenbusch. Wenn dann von Tag zu Tag der Alkoholpegel zunimmt, ist das Bild, das die Abiturienten vor den jüngeren Schülern abgeben, einfach nur noch katatrophal.

Auch Obdenbusch weiß, dass die Zwölfer oder Dreizehner am Ende ihrer Schullaufbahn Luft aus dem Schlauch des Leistungsdrucks ablassen müssen. Er bedauert aber, dass ein geregelter Unterricht in dieser Zeit nicht mehr möglich ist: „Die letzte Woche können Sie abhaken. Das ist fahrlässig, vor allem für den Einzelnen, der im Abi auf der Kippe steht. Eigentlich wollen wir die letzten 14 Tage nutzen, die Schüler gezielt auf die Abitursprüfungen vorzubereiten.“

Beim Abi-Gag drehen die Schüler dann noch mal richtig auf — vor allem dann, wenn ordentlich Alkohol konsumiert wird. Dann ist das Wasser, das dem Lehrer über den Kopf gegossen wird, noch der Abteilung harmlos zuordnen. Einzelne Schulen sind dazu übergegangen, von den Schülern Kautionen einzubehalten — wenn es zu größeren Sachbeschädigungen kommen sollte, ist das Geld weg.

Damit es gar nicht erst so weit kommt, gehen die Schulen im Vorfeld auf die Abiturienten zu: „Man muss mit den Schülern reden — und das tun wir“, so Obdenbusch. Ein Abi-Gag-Verbot wollen auch die Schulleiter nicht. Denn: In der Mehrzahl sind die Abi-Gags sind durchaus lustig und richtig nett.

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