„Wir brauchen Platz für eine Gründerszene“

Ist Krefeld ein guter Standort für Existenzgründer? Die Wirtschaftsförderung sagt jein, weil bezahlbarer Raum für die neuen Firmen fehlt, und will selbst solchen anbieten.

„Wir brauchen Platz für eine Gründerszene“
Foto: Dirk Jochmann

Netzwerken, von anderen lernen, ob nun durch deren Fehler oder Erfolge, vielleicht sogar kooperieren — als das will der Krefelder Gründerstammtisch ermöglichen, den die Wirtschaftsförderung (WFG) Krefeld und die IHK Krefeld gerade ins Leben gerufen haben. Existenzgründer zu beraten, ist eine der Kernaufgaben der WFG.

Die WZ sprach mit WFG-Chef Eckart Preen und Petra Rice, die in seinem Team für das Thema Existenzgründung zuständig ist, über die Frage, ob Krefeld ein guter Standort für den Schritt in diese Form der Selbstständigkeit ist.

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WZ: Herr Preen, Frau Price, sind die Krefelder gründungswillig und ist der Standort gründerfreundlich?

Eckart Preen: Aus meiner Sicht gibt es keine großen Unterschiede zwischen Krefeld als Standort und anderen wie zum Beispiel Mönchengladbach, wo ich früher in der Wirtschaftsförderung gearbeitet habe. Entscheidend ist derzeit die Situation, in der wir uns befinden. Bei der robusten Konjunktur, der geringen Arbeitslosigkeit und der Nachfrage der Unternehmen nach Personal ist die Neigung der Menschen zum Gründen geringer als noch 2009 zu Zeiten der Finanzkrise.

Petra Rice: Durch die hohe Arbeitslosigkeit haben damals viele aus Not gegründet, weil sie keinen Job fanden. Gründungswillig sind heute weniger, aber dafür mit durchdachten Konzepten.

WZ: Frau Rice, wer sind denn diejenigen, die dann heutzutage zu Ihnen zur Beratung kommen?

Rice: Ich habe in meinen Beratungen viele Menschen aus typischen freiberuflichen und künstlerischen Bereichen und viele nebenberufliche Interessenten. Zu mir kommen zum Beispiel viele Menschen aus dem Gesundheitswesen, wie Ergotherapeuten und Ärzte. Aber auch viele aus dem IT-Bereich mit guten Ideen, die sich durch die Digitalisierung ergeben — wie zum Beispiel zu Smart Home, Webapplikationen und Apps. Einige kommen aus der Gaming- oder grafischen Sparte. Und im künstlerischen Bereich ist es eh nicht so, dass man fest angestellt wird, die Kreativen müssen sich selbstständig machen, da es in Agenturen und Unternehmen nur Projektvergaben gibt.

Preen: Aber sie kommen aufgrund guter Ideen zur Beratung statt aus der Not. Ich kann mich noch aus früheren Zeiten an abstruse Ideen erinnern und hanebüchene Businesspläne. Die Zahl der Anfragen geht zwar zurück . . .

Rice: . . . während die Qualität besser wird.

WZ: Was meinen Sie mit einer besseren Qualität?

Preen: Früher haben wir bei Existenzgründung viel über haushaltsnahe Dienstleistungen gesprochen. Das waren Gründer, die dann meist alleine und mit einem Büro zuhause gearbeitet haben. Seit einiger Zeit sind es spannende Ideen, die die Leute haben. Sie fangen statt allein auch gleich im Gründerteam an oder mit mehreren Mitarbeitern mit sozialversicherungspflichtigen Anstellungen. Wachstumsträchtige Unternehmen, welche uns Wirtschaftsförderern die Hoffnung geben, dass sie bald noch mehr Leute einstellen und zu den Gewerbesteuereinnahmen der Stadt beitragen.

WZ: Und wie leicht oder schwer ist es in Krefeld für die Gründungswilligen über die gute Idee hinauszukommen?

Rice: Die Finanzierung zu sichern und bezahlbare Räume zu finden, sind zwei extrem wichtige Punkte. Wir reden von vielleicht 25 000 bis 30 000 Euro für Büro, Ausstattung und Werbung, die man braucht. Banken ist diese Summe oft zu gering und der Aufwand zu hoch, um bei der Finanzierung mitzumachen oder ein Förderdarlehen anzuschieben. Verwandtendarlehen sind dann eine Möglichkeit, oder bei den Kreativen bestimmte Fördertöpfe. Crowdfunding ist auch eine Idee, das habe ich 2017 aber nur zweimal erlebt, dass jemand diesen Weg gegangen ist.

Preen: Die Banken sind halt sehr unter Druck. Gerade in jüngster Zeit ist es schwierig, wenn von den Kunden keine Sicherheiten geboten werden können.

WZ: Wenn der Standort beziehungsweise die Gründung durch Finanzierungs- und Raumprobleme schwierig ist, was kann dann aus Ihrer Sicht getan werden?

Preen: Wir müssen noch mehr an Mikrostandorten tun. Beispiele wie das Gründungszentrum „Base Camp“ von Kleinewefers im K2-Tower zeigt, wie Gründern geholfen werden kann. Auch SimpliOffice im Europark Fichtenhain und das Pionierhaus in der Samtweberei haben Neugründungen sozusagen aufgesogen. Das Pionierhaus war in kürzester Zeit voll und es konnten Firmen gehalten werden, die sonst vielleicht nicht mehr in Krefeld wären. Es muss noch mehr solcher Projekte geben. Deshalb will die Wirtschaftsförderung sich in Zukunft auch selbst engagieren und eigene Raumangebote für Gründer machen. Wir sind da aktuell in Gesprächen. Mehr kann ich noch nicht sagen. Aber es ist ein wichtiger Baustein, um in Krefeld eine Gründerszene zu etablieren.

Rice: Und dadurch Arbeitsplätze zu schaffen. . .

Preen: . . . und mittelfristig weitere Gewerbesteuereinnahmen für die Stadt zu erreichen.

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