Wilde Sittiche haben jetzt Krefeld entdeckt

Schon Gruppen bis 50 Vögel gesehen. Geht die Wanderung der Exoten von Köln aus?

Krefeld. Im Blumenviertel ist das Gekreisch derzeit unüberhörbar. In den Buchen, die gerade reichlich Eckern tragen, raschelt es. Reinhard Froese von der Tulpenstraße beobachtet sie nahezu täglich: "Die Halsbandsittiche haben gerade gebrütet. Die Jungen betteln um Futter."

20 Vögel hat Froese in diesem Sommer gezählt, die ersten hat er vor zwei Jahren gesichtet. Jetzt fragt der WZ-Leser: "Sind diese Exoten eine Bereichung für unsere Tierwelt?"

Sie sind es wohl. Krefeld haben die Edelsittiche, die zur Familie der "Eigentlichen Papageien" (Psittacidae) gehören, sehr spät entdeckt. Seit Jahren verbreiten sie sich am Rhein. "Wahrscheinlich stammen sie alle von der Population in Köln ab", vermutet Veronika Huisman-Fiegen, Ornithologin des Naturschutzbundes (Nabu) Krefeld/Viersen.

Eine Gefahr für andere Arten stellen die Sittiche ihrer Erkenntnis nach nicht dar. "Sie sind allenfalls ein Konkurrent für andere Höhlenbrüter wie derHohltaube".

In der Domstadt und in Wiesbaden gehören die grüngefiederten Vögel mit dem korall- bis dunkelroten Schnabel (ein Halsband, vorn schwarz, im Nacken rosa, tragen übrigens nur die Männchen) seit etwa 25 Jahren zum Stadtbild. Jeweils weit über 1000 Sittiche kreischen dort in den Grünanlagen. Kaum weniger sind es in Mainz oder Bonn, wo sie besonders die Poppelsdorfer Allee nahe des Botanischen Gartens bevorzugten.

Der Halsbandsittich bevorzugt zum Brüten Höhlen in Platanen. In England haben sich die Neubürger schon in den 1930-er Jahren angesiedelt. Größere Gruppen sind in Krefeld erst im vergangenen Jahr dokumentiert worden, von Bernd Kraft (Bürgeraktion Baumschutz), von Dr. Ludger Rotschuh und vom Hülser Naturschützer Ernst Schraetz.

Selbst Gruppen von annähernd 50 Vögeln wurden gesichtet, denn nach der Brut ziehen sie in Großgruppen und recht lautstark durch die Reviere.

Gesichtet wurden sie direkt am Rhein an der Bataverstraße, im Hülser Bruch und eben Schönwasser- und Sollbrüggenpark, nicht weit entfernt vom Blumenviertel und dem Botanischen Garten. Samen mögen 40 bis 43 Zentimeter langen Vögel (der Schwanz macht mehr als die Hälfte der Gesamtlänge aus) besonders gern.

Bei den Neubürgern (der Ornithologe spricht von Neozoen) handelt es sich nach Ansicht von Fachleuchten um eine Mischung der vier Unterarten, deren Population sich aus Gefangenschaftsflüchtlingen aufgebaut hat. Die dürfte deutschlandweit inzwischen 30000 Exemplare betragen.

Ursprünglich stammen die lauten Kreischer aus Asien (indischer Subkontinent, aber auch Sri Lanka, Pakistan und Birma) und Afrika (vom Westen nördlich des Äquators durch den Sahel bis Äthiopien). Kalte Winter scheinen ihnen nicht mehr auszumachen. Inzwischen fühlen sie sich auch in Japan und Nordamerika zu Hause.

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