Zukunft des Verkehrs Vorfahrt für Fußgänger in Krefeld

WZ-Veranstaltung: Experten diskutieren vor 100 Zuhörern über die Zukunft des Verkehrs in Krefeld.

 Rainer Wiebusch-Wothge, Karl-Josef Klauer, die Moderatorin Dagmar Groß, Hartmut Könner und Guido Stilling (v.l.) beantworteten vom Podium aus die Fragen der Besucher in der Hochschule Niederrhein.

Rainer Wiebusch-Wothge, Karl-Josef Klauer, die Moderatorin Dagmar Groß, Hartmut Könner und Guido Stilling (v.l.) beantworteten vom Podium aus die Fragen der Besucher in der Hochschule Niederrhein.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Krefeld. Erst kommen Fußgänger und Radfahrer, dann die motorisierten Verkehrsteilnehmer: Dieses Prinzip muss der Stadt- und Verkehrsplanung zugrunde gelegt werden, wenn man den innerstädtischen Verkehr der Zukunft sinnvoll gestalten will. Um dieses Thema dreht sich die Podiumsdiskussion Dienstagabend in der Fachhochschule Niederrhein, moderiert von WZ-Redaktionsleiterin Dagmar Groß. Eingeladen hatten die WZ und die Gesellschaft Bürger und Polizei, deren Vorsitzender Hans-Hennig von Grünberg Präsident der Hochschule und Gastgeber ist. Die Expertenrunde ist mit Verkehrsplaner Rainer Wiebusch-Wothge (Ruhr-Uni Bochum), Hartmut Könner, Fachbereichsleiter Tiefbau in Krefeld, Karl-Josef Klauer, Leiter Direktion Verkehr der Polizei und Guido Stilling, Geschäftsführer der SWK Mobil, prominent besetzt. Um es vorwegzunehmen: Man ist sich auf dem Podium nicht in jedem Punkt, aber in der Richtung einig.

Der Verkehr habe eine der Stadt dienende Funktion, sagt Wiebusch-Wothge: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge.“ Davon sei die aktuelle Verkehrssituation allerdings weit entfernt.

Im Schnitt macht jeder Bürger etwa 3,5 Wege am Tag, verbringt 70 Minuten im Verkehr — seit Jahrzehnten unverändert. Aber: „Man kommt heute weiter.“ Wiebusch-Wothges Rezept für den innerstädtischen Verkehr: Zurück in die Zukunft — zugunsten der Umwelt, zugunsten der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer. Dass wie in den 50er Jahren 70 Prozent der Wege mit dem Rad zurückgelegt werden, sei illusorisch. Aber eine Stadt der kurzen Wege und ein besserer Mix — zu Fuß, mit Rad, Bus und Bahn oder Auto — seien wesentlich. Carsharing würde zu einem bewussteren Umgang mit dem Auto führen, betonte ein Zuhörer — führt aber laut Wiebusch-Wothge kaum zu weniger Fahrten. E-Mobilität sei keine nachhaltige Lösung, auch wenn, wie Guido Stilling sagt, die zwölf Fahrzeuge der SWK-Flotte ausgelastet sind.

„Der Verkehr der Zukunft muss so gestaltet werden, dass Fehler, die letztlich nicht zu vermeiden sind, wenn Menschen am Werk sind, nicht zu lebensbedrohlichen Verletzungen seiner Nutzer führen“, sagt Wiebusch-Wothge. Hartmut Könner stellt fest, dass ein Umdenken beginne. „Der Fußgänger bekommt zurzeit den Platz, der übrig bleibt.“ Man müsse Straßen „von außen nach innen planen.“ Parkflächen müssten reduziert, der Platz für Fußgänger und Radfahrer zurückgewonnen werden. Attraktive und prominent gelegene Wechselmöglichkeiten, sagt Guido Stilling, seien unverzichtbar. „Krefeld hat ein dichtes und hochleistungsfähiges Nahverkehrsnetz“, sagt Karl-Josef Klauer. Der Umstieg sei möglich, „aber dann schauen Sie sich mal den Bahnhofsvorplatz an.“ Könner stimmt zu, als im Publikum kritisch angemerkt wird, dass die Infrastruktur ein Problem sei. Fördermittel von Bund und Land für deren Sanierung seien notwendig, sagt Könner. Dass der Radverkehr auf der Straße sicherer als auf dem Gehweg ist, ist unter den Experten unstrittig. Ebenso, dass sich das Modell nicht für jede Straße eigne. Klauer: „Da müssen alternative Lösungen her, eventuell auch die Sperrung einer Straße für bestimmte Verkehrsteilnehmer.“

Angesichts von etwa 130 Tempo-30-Zonen habe Krefeld aber in diesem Bereich kaum Nachholbedarf, meint Könner. Guido Stilling sieht in einer weiteren Ausdehnung sogar ein Risiko: „Wir brauchen zwischendurch eine Beschleunigung. Die Menschen wollen mit Bus und Bahn schnell und auf möglichst kurzem Weg zum Ziel.“

„Man muss die Stadt unattraktiv für Autos machen“, sagt Klauer. Er fordert einen „Masterplan Verkehr“, der Stadtplanung und Verkehrsflüsse ganzheitlich betrachtet. Und einen politischen Ausschuss, in dem zentral diskutiert und entschieden wird.

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