Kabarett: Von Doktor-Spielen und aufklappbaren Nacktscannern

Die Kabarettistin Sia Korthaus war mit ihrem sechsten Soloprogramm „Lust auf Laster“ im Südbahnhof zu Gast.

Kabarett: Von Doktor-Spielen und aufklappbaren Nacktscannern
Foto: Mark Mocnik

Krefeld. Eine „Weltpremiere“ nannte Sia Korthaus den Abend im Südbahnhof, tatsächlich war es der erste Auftritt in einer Reihe von Vorpremieren, in denen sie ihr neues Programm erprobt. Es heißt „Lust auf Laster“ und ist das sechste Soloprogramm der Kabarettistin, die schon häufiger in Krefeld auftrat. Die mitlesende Souffleuse in der ersten Reihe griff nur selten ein, die schnell sprechende und mit ausladender Gestik arbeitende Frau auf der Bühne war schon textsicher. Und sie hat sich viel ausgedacht. Sie kämpfte mit dem Leergutautomaten, den dabei aufkommenden Zorn nannte sie ein Laster. Freundin Eva wollte sich auch ein Laster zulegen und schmiss schon mal die leere Zahnpastatube in den Bio-Müll.

Mit ärmellosem Kittel und Stock ausgerüstet mimte sie die Oma, mehrfach im Laufe des Abends wechselte sie in diese Rolle. Das Leben im Altenheim war ein Thema und die Erkenntnis, wie Doppelkopf und Sex vergleichbar sind. Sex war schließlich die Kernkompetenz der Oma, die schon unter Kaiser Wilhelm die ersten Doktor-Spiele erlebte. Eine Show-Praktikantin trat auch auf, nämlich die Handpuppe Britta, von Korthaus mit kaum versteckter Bauchredner-Stimme gesprochen. Britta erzählte schlappe Witzchen, wurde dafür gerügt.

Einige der Pointen von Korthaus waren etwas besser. Sie wusste, dass man ein Floß aus Knäckebrot gefunden hatte, was beweist, dass die Wikinger schon Butterfahrten machten. Sie kannte eine Wohnung, in der die Wollmäuse mit der Lebendfalle gefangen wurden und die Silberfische unter Naturschutz standen. Von „vergleichender Ramschwissenschaft“ sprach sie und meinte die Fernsehsendungen, in denen angebliche Antiquitäten vorgestellt werden. Das „kleine Laster“ Shopping blieb nicht unerzählt, zu kaufen waren singende Weihnachtsmützen und aufklappbare Nacktscanner. Flug-Pi-ranhas waren ein Angebot in der Tierhandlung, auch der Katzenhund, den sie im Karton mitbrachte. In New York blieben die Einkaufserlebnisse aus, schon an der ersten Straßenecke wurde das Geld geklaut.

Ein schöneres Laster als Sport sei aber das Essen, was Anlass gab, über das anschließende Heilfasten zu jammern. Einläufe und Sauerkrautsaft gehörten dazu und die Erkenntnis, dass die Menschen immer anfälliger für Allergien werden. Demnächst könne man eine Bank mit einer Walnuss und einem Glas Milch überfallen.

Puppe Britta aus Sachsen, die in der Pause ein Coaching mit Prosecco absolviert hatte, sang noch „Looking for Freedom“ und empfahl sich damit als Nachfolgerin auf der Kabarettbühne. Sia Korthaus sang auch als Sia Korthaus zwischendurch mal, dass sie eine Gesangsausbildung hat, wollte sie wohl hören lassen.

Ihrem manchmal komödiantischen Textvortrag fehlte oft das Timing, die Pointen, sogar die guten, gingen in den sofort nachfolgenden Sätzen unter, ohne dass Gelegenheit zum „Nachschmecken“ blieb. War auch dem Umfang geschuldet, denn es war sehr viel, was Sia Korthaus in ihr Programm gepackt hatte. Und mit der Puppe Britta und der Oma verwickelte sich der rote Faden, der sowieso mit dem Thema Laster nur vage verknüpft war.

Eine Zugabe durfte Korthaus auch vortragen, die erwies sich als lockere Parodie auf Poetry-Slammer und die Kollegin in diesem Genre, die mit „Baby“ einen Riesenerfolg hatte. Nach dieser „Weltpremiere“ folgt im Kölner „Senftöpfchen“ am 19. Oktober die tatsächliche Premiere. dip

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