Vom Musiker zum Hypnotiseur

Das Streaming im Netz war für Michael Maas das Ende seiner Studiomusiker-Karriere und Motivation, sich seinen Kindheitstraum zu erfüllen. Inzwischen hilft er anderen Menschen.

Vom Musiker zum Hypnotiseur
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Sich neue Sichtweisen, Möglichkeiten oder sogar Welten zu erschließen, darin ist Michael Maas erprobt. Als Michael C. Kent hat er jahrzehntelang als Musiker und Arrangeur im Studio und auf der Bühne gestanden, als Michelino Panevino als Stimm- und Gesangscoach gearbeitet. Das Musikstreamen aus dem Internet nennt er den Untergang des Abendlandes für Studiomusiker.

Seit einigen Jahren bietet er deshalb unter seinem bürgerlichen Namen drogenabhängigen Strafgefangenen im benachbarten Niederrhein Therapiezentrum Duisburg musik-therapeutische Einzelangebote an. „Mit Menschen zu arbeiten macht mir so viel Spaß, dass ich mir parallel dazu noch einen Kindheitstraum erfüllt habe“, erzählt der 50-Jährige bei einem Espresso-Macchiato. Nach einer Aus- und Weiterbildung arbeitet er seit nunmehr viereinhalb Jahren als Hypnotiseur.

Michael Maas glaubt an die Kraft des positiven Denkens — in seinem eigenen Leben wie auch bei Anderen. „Mit Hypnose kann man Leuten helfen, einen anderen Bewusstseinszustand zu erreichen“, sagt Maas. Tatsächlich habe jeder Mensch selbst Einfluss auf seine Realität. Zur Veranschaulichung nennt er ein simples Beispiel: „Während mir dieser Espresso sehr gut schmeckt, kann er einem anderen Menschen überhaupt nicht schmecken, wenn der sich in seinem Leben einredet, dass alles schlecht ist.“ Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung nennen das die Psychologen. Doch es gehe auch andersherum, hin zum Positiven, beispielsweise durch Hypnose.

Bei dem Wunsch, mit dem Rauchen aufzuhören, mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln, gewisse Ängste abzubauen oder das Schmerzempfinden positiv zu beeinflussen, könne Hypnose helfen. „Dabei geht es nicht um Manipulation des Anderen, sondern um die Möglichkeit, die eigenen Ressourcen besser zu nutzen“, erklärt Maas.

Dass die Hypnose als Werkzeug es dabei nicht unbedingt leicht hat, ist auch auf bestimmte Show-Effekte auf der Bühne zurückzuführen. Ein bekannter Bühnen-Hypnotiseur war der Niederländer Rasti Rostelli in den 90er-Jahren. Er suggerierte den Zuschauern, dass die Hypnotisierten auf der Bühne das machen und sehen würden, was er ihnen eingeflüstert hatte. „Das unbewusste eigene Mitwirken ist entscheidend bei einer Hypnose“, sagt Maas. Er sagt von sich, er könne jeden Menschen in Trance versetzen. „Aber aus ethischen Gründen lehne ich das gegen den Willen des Einzelnen ab.“

Die Techniken dafür hat er in Düsseldorf gelernt. „Ob man es selber jedoch kann, merkt man erst in den Schulungen“, so Maas. Er könne es. Das sei ein weiteres Talent, das ihm im Leben geschenkt sei. Vertieft hat er sein Wissen bei der Weiterbildung am anerkannten Milton Erickson Institut in Hamburg, das eigentlich nur Mediziner fortbilde. Wegen seiner staatlich anerkannten Ausbildung in Physikalischer Therapie in jungen Jahren habe ihn Ortwin Meiss dennoch angenommen.

Meiss hat sich unter anderem beim Coaching im Sport- und Hochleistungsbereich einen Namen gemacht. „Auch Klitschko hat Hypnose bei seinen Boxkämpfen für sich genutzt“, so Maas. Die Aufmerksamkeit ist auf spezifische Wahrnehmungen konzentriert, andere Wahrnehmungen wie Schmerzen hingegen sind ausgeblendet.

Der weit verbreiteten Vorstellung, man schlafe grundsätzlich bei der Hypnose und erinnere sich im Nachhinein an nichts mehr, widerspricht Maas. Dem sei nicht immer nicht so. Einen Klienten, der während einer Sitzung anzweifelte, in Hypnose zu sein, habe er aufgefordert, den Arm runterzunehmen, den er angewinkelt in die Höhe hielt. „Das ging mit aller Kraftanstrengung nicht, da hat er an die Hypnose geglaubt.“

Auch wenn seine Schilderungen teils amüsant klingen, macht der 50-Jährige eins ganz klar: „Man muss verantwortungsvoll mit der Hypnose umgehen.“ Wenn nach vier Sitzungen bei seinen Klienten keine deutliche Lebensverbesserung erkennbar ist, verweise er sie auf therapeutische oder medizinische Fachleute.

Denn genauso wenig wie er ein sogenannter Heiler sei, sei er ein Mediziner. Diese Vorgehensweise sei ein Grund dafür, weshalb inzwischen Krefelder Fachärzte ihn ihren Patienten empfehlen würden.

Dass er neben seinem positiven Denken auch über eine Menge Humor verfügt, zeigt sein Patenkind: die grüne Anakonda im Krefelder Zoo. Die habe die gleiche Zeichnung wie Kaa, die Riesenschlange aus dem Dschungelbuch, die das Hypnotisieren beherrscht. „An ihrem Gehege hängt nun das Schild, präsentiert von der Hypnosepraxis Uerdingen“, sagt Maas und lacht.

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