WZ-Serie Verein: Hände, die Geflüchteten weiterhin helfen

Seit eineinhalb Jahren unterstützt der Verein Helfende Hände Krefeld Flüchtlingsfamilien. Die neue WZ-Serie porträtiert ab sofort einzelne Schicksale.

WZ-Serie: Verein: Hände, die Geflüchteten weiterhin helfen
Foto: Bischof

Krefeld. Martina Deselaers erinnert sich noch gut an eine ihrer ersten Begegnungen im Café Sarah. Da saß Elham Shadab, den heute alle nur Mo nennen. Der junge Mann aus Afghanistan hat auf seiner Flucht vor den Taliban seine Familie in der Heimat zurückgelassen. Mo ist Sozialarbeiter, seit einiger Zeit hat der 25-Jährige einen Vollzeitjob im Kinderheim Marianum. „Er hat sehr schnell Deutsch gelernt und sich super integriert“, erzählt Martina Deselaers. Sie weiß, wie wichtig das gerade für die jungen Männer ist, die ohne ihre Familien geflüchtet sind und nun alleine in Krefeld, viele tausend Kilometer entfernt von ihrer Heimat, leben.

Die Allgemeinmedizinerin ist Vorsitzende des Vereins Helfende Hände Krefeld, den Ehrenamtler im März 2016 mit dem Bestreben gegründet hatten, Hilfe für die in der Stadt ankommenden Flüchtlinge besser zu koordinieren. Über eine Facebook-Gruppe haben sich die Helfer kennengelernt, alle von ihnen mit dem dringenden „Gefühl, man muss doch irgendwas tun“, erinnert sich Deselaers.

Damals habe man vor allem Sachspenden — besonders „Klamotten, viele hatten ja gar keine Wintersachen“, aber auch Kochtöpfe, Sofas, Betten — gesammelt, die Geflüchteten zu den Ämtern begleitet, Sprachunterricht vermittelt, sie beim Ausfüllen von Formularen oder bei der Wohnungssuche unterstützt. „Die Suche nach einer Wohnung ist besonderes für größere Familien frustrierend“, erzählt Deselaers. Ihre Erfahrung: „Wenn sie selbst anrufen, legen viele Vermieter sofort auf.“ Das sei heute noch so, vieles habe sich aber verändert. „Sachspenden sammeln wir nicht mehr. Jetzt ist die Arbeit mühsamer und schwerfälliger, aber notwendig, weil unsere Neubürger ja integriert werden sollen. Wir werden gebraucht — anders, aber umso mehr“, glaubt Deselaers. Heute gehe es darum, den Familien, gerade jetzt in den Sommerferien, kleine und größere Ausflüge anzubieten, sie mal rauszuholen aus ihrem Alltagstrott. „Mit den meisten kann man sich schon gut verständigen, fast alle Familien der anfangs allein hierher geflüchteten Männer sind nachgezogen“, erzählt die Ehrenamtlerin. „Der ein oder andere hat schon einen Job.“

So erfolgreich wie Mo, der Sozialarbeiter aus Afghanistan, ist leider nur ein kleiner Anteil der Geflüchteten. Für viele ist die Jobsuche eine Herausforderung, weiß Martina Deselaers. Besonders schwer sei es „für die Männer, die ohne Familie gekommen und traumatisiert sind und hier keinen Job finden. Die trifft man immer wieder auch im Begegnungscafé.“ Die ohne Bleibeberechtigung fühlten sich perspektivlos, die meisten müssten dringend qualifiziert werden. „Das geht nur über Sprache“, sagt Deselaers. „Wer eineinhalb Jahre hier ist und noch immer nichts zu tun hat, bei dem steigt die Frustration.“

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Neue Heimat

Auch deshalb plant der Verein ab September als Zusatzangebot zum Café Sarah ein eigenes Begegnungscafé in den Räumen der Pauluskirche am Moritzplatz (siehe Infobox). „Hier wollen wir Familien die Möglichkeit geben, mit ihren Kindern zum Spielen herzukommen, ihnen dabei helfen, Anträge auszufüllen, den Menschen aber vor allem die Möglichkeit geben, Deutsch zu sprechen.“

Die Helfenden Hände geben nicht nur — sie bekommen auch viel zurück, betont die Vorsitzende. „Da sind wirkliche Freundschaften entstanden, die meisten geflüchteten Familien sind unheimlich gastfreundlich, laden uns regelmäßig zu sich zum Essen ein.“ Umso dramatischer sei es, wenn diese Freundschaften durch Abschiebung bedroht und zerrissen werden. Da ist diese Familie aus dem Kosovo, die „plötzlich in einer Nacht- und Nebelaktion abreisen musste“, erinnert sich Deselaers. Oder Luigi aus Albanien, dessen Frau schwer traumatisiert und depressiv ist, die zwei Kinder krank sind, und der nun Monat für Monat um eine neue Duldung bangt. „Sie haben wahnsinnige Angst davor, dass sie wieder zurück müssen“, sagt die Ehrenamtlerin, die bereits den Oberbürgermeister über die verzweifelte Situation der albanischen Familie informiert hat.

Wie es ihnen und anderen Geflüchteten in Krefeld geht, welche Sorgen die Menschen haben, aber auch welche Chancen ihnen das Leben in der neuen Heimat bietet, darüber wird die WZ in einer Porträt-Serie in den nächsten Wochen in loser Reihenfolge berichten.

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