Krefeld Unitymedia: Mieter zu Vertragsabschluss gedrängt

Freie Handelsvertreter von Unitymedia verkaufen an der Haustür mit aggressiven Mitteln Komplettverträge, um Provision zu kassieren.

Netzbetreiber Unitymedia verspricht, sich mit dem Vorfall auseinanderzusetzen.

Netzbetreiber Unitymedia verspricht, sich mit dem Vorfall auseinanderzusetzen.

Foto: Frank Rumpenhorst

Krefeld. Ein paar Minuten dauerte es nur, dann hatte Maria Meyer (Name von der Redaktion geändert) ihre Kontodaten preisgegeben. Wenige Augenblicke später hatte sie auch ihre Unterschrift unter einen auf ihrem Küchentisch liegenden Vertrag von Unitymedia gesetzt.

„Mir wurde gesagt, dass mein Fernsehen ab Sommer kein Signal mehr hätte, wenn ich nicht eine neue TV—Box bestellen würde. Obwohl mir die Sache komisch vorkam, habe ich den Vertrag abgeschlossen“, sagt die Rentnerin. Ihr ungutes Gefühl bestätigt sich, als ihr Sohn drei Tage nach dem Vertragsgespräch beim Kabelnetzbetreiber anruft.

Maria Meyer hat mit ihrer Unterschrift unter den Vertrag das Komplettpaket Play-3-Comfort, bestehend aus einem Highspeed—Internet-Anschluss, HD-Fernsehen und einer Telefonflatrate, bestellt. Die Kosten: 60 Euro Anschlussgebühr und 34,99 Euro monatlich laut Vertrag.

Also rund 900 Euro innerhalb von zwei Jahren, obwohl Maria Meyer nicht einmal einen Computer besitzt und bereits indirekt Kunde bei Unitymedia ist. Denn ihr Vermieter, die Wohnstätte Krefeld, hat mit Unitymedia als Dienstleister nahezu alle Wohnungen mit Kabelfernsehen des Kölner Unternehmens versorgt. Abgerechnet wird das Kabelfernsehen über die Nebenkosten.

Den neuen Vertrag aufgeschwatzt, hatte ihr ein freier Handelsvertreter des Unternehmens, der sie im Hausflur abfing. Bei weitem kein Einzelfall, weiß Dominik Tschorn, Kaufmännischer Leiter bei der Wohnstätte. „Obwohl es ein Direktverkaufsverbot in unseren Häusern für freie Handelsvertreter von Unitymedia gibt, kommt es immer wieder zu solch ärgerlichen Vorfällen. Natürlich wird das Fernsehen im Sommer nicht abgeschaltet. Sollte es zur Umstellung auf digitales Fernsehen kommen, würden wir als Wohnstätte unsere Mieter auch rechtzeitig informieren“, erklärt Tschorn.

Lediglich zwei von Unitymedia fest angestellte Mitarbeiter hätten auch das Recht, direkt an die Mieter heranzutreten, um Verträge anzubieten. „Die beiden Mitarbeiter sind mit Namen und Foto in den Mietverträgen aufgeführt“, sagt Tschorn.

Kommt es zu Werbeversuchen oder sogar Vertragsunterschriften bei freien Handelsvertretern, ist die Wohnstätte auch bei der Stornierung der Verträge behilflich und meldet Unitymedia die ungebetenen Werber. Im Fall von Maria Meyer hat dies ihr Sohn übernommen. „Bei Unitymedia hat man uns versprochen, sich mit dem Vorfall auseinanderzusetzen und den Mann ausfindig zu machen, der meiner Mutter dieses teure Komplettpaket aufgedrängt hat“, sagt er.

Auch bei der Polizei haben die Meyers den Fall gemeldet. Bei den Ordnungsbehörden sind die rabiaten Werbeversuche bekannt, sie werden aber nur selten angezeigt. „Wir können nur raten, sich in Verdachtsfällen bei der Polizei zu melden“, sagt Polizeisprecherin Melanie Paeßens. Fast noch wichtiger ist es, die 14-tägige Widerrufsfrist einzuhalten, um den Kostenapparat gar nicht erst in Gang zu setzen. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Unitymedia bei von uns gemeldeten Verdachtsfällen sehr kulant ist, Mieter wieder aus den Verträgen raus lässt und sogar Kosten zurückerstattet“, sagt Tschorn.

Eine Unitymedia-Sprecherin teilte am Mittwoch auf Anfrage der WZ mit, man werde die Vorfälle prüfen.

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