Ulrich Hahnen für ein "neues Krefeld"

Der Herausforderer startet das Duell zurückhaltend und dreht im Laufe des Abends immer mehr auf.

Krefeld. Ja, ja, er liebt Lasagne. Auch wenn sich Herausforderer Ulrich Hahnen beim WZ-Duell sichtlich schlanker im dezent schlammfarbenen Anzug präsentiert. Ein leises Lächeln huscht über sein Gesicht, als Konkurrent Gregor Kathstede ihn derart beschreibt und auch seine - in der politischen Szene längst legendäre - Fingerhutsammlung erwähnt. Hahnen hat dagegen ausführlicher recherchiert und kann mit Kathstedes Kindheitsträumen von Kühen im Garten aufwarten. Als er vorschlägt, man solle einfach die Veranstaltung in die Länge ziehen, um dessen Geburtstag feiern zu können, hat er die ersten Lacher auf seiner Seite.

Nachdem sich Hahnen noch zum Wahlslogan "Neues Krefeld" mit dem ureigenen SPD-Thema soziale Gerechtigkeit positionieren kann, ist es mit dem freundlichen Geplänkel zum Einstieg vorbei. Jetzt soll es zur Sache gehen und in entsprechend angespannter Erwartung harrt der Kandidat der kommenden Fragen, vor sich die Notizen, die er nervös immer wieder anpackt.

Dabei soll es doch zunächst um sein erklärtes Lieblingsthema gehen - die Innenstadt. Aber Markus Wöhrl, Chefredakteur der Welle Niederrhein, macht es ihm nicht leicht: "Sie wollen erreichen, dass wieder mehr Familien in die Innenstadt ziehen. Wo sollen die herkommen?" Hahnen lässt sich nicht beirren, beschreibt mit seiner tiefen, volltönenden Stimme seine Vision vom künftigen Krefeld: "Wir brauchen eine menschengerechte Stadt." Und das funktioniere eben nicht nur mit Handel und zusätzlichen Autos. Vielmehr wolle er eine grüne City mit von der Wohnstätte entwickelten Innenstadtquartieren. Ein neues Wohngebiet an der Peripherie sei da wie ein "Schlag ins Gesicht" für die Innenstadt. Ein klarer Gegensatz zu Kathstede, der beides fördern will.

Als es kurz darauf um den Ostwall geht, folgt ein erster direkter Angriff auf den Amtsinhaber. Der neue Boulevard habe ja noch nicht einmal eine Fahrradspur, moniert Hahnen und kommt dabei so langsam in Fahrt. "Ein Oberbürgermeister muss so stark sein, dass er auch mal gegen seine eigene Partei agieren kann", erhebt er seine Stimme und spielt damit auch auf den halben Willy-Göldenbachs-Platz an. Das sitzt. Die Reaktion des Publikums bleibt nicht aus: großer Applaus. Kathstede kann sich da nur kläglich mit dem Verweis auf den Koalitionsfrieden retten.

Wasser auf die Mühlen Hahnens, der mit Blick auf die Luximo-Verträge zu Behnisch-Haus, Werkkunstschule und Passage gleich noch einmal zum Schlag ausholt. Die deutlich zu hohen Mieten seien ja wohl nur wegen der Freundschaft zu Wilfrid Fabel, CDU-Fraktionschef, zustande gekommen, behauptet er, zu allem Überfluss sei keine Deadline für die Passage gesetzt worden. Dass ihm dort eine Markthalle vorschwebt, bringt Hahnen eher weniger Punkte beim Publikum ein. "Ist das nicht realitätsfern?", folgt die Frage einer Zuschauerin. Sein Vorschlag, zur Finanzierung die Umgehungsstraße Fischeln zu streichen, löst gar lautstarke Proteste aus.

Das erste Hahnen-typische breite Lächeln folgt dafür, als es im Applaustest um die kostenlose Kinderbetreuung geht. Das Publikum ordnet die Forderung eindeutig der SPD zu, ein Erfolg für die Wahlkampagne. Dabei - so vergisst Wöhrl nicht zu sagen - habe auch Kathstede ähnliches gegenüber der Welle Niederrhein erwähnt. Während dieser jedoch die hohen Kosten ins Feld führt, positioniert sich Hahnen eindeutig: "Kinder sind die Zukunft der Stadt. Da müssen wir einen Schwerpunkt setzen." Mehr als 600 Kleine im Kindergartenalter erhielten kein warmes Mittagessen, sei im Rat vermeldet worden. Dem sei schon mit 200 000 Euro Abhilfe zu schaffen. "In der gleichen Ratssitzung sind 160 000 Euro für den scheidenden Geschäftsführer des Seidenweberhauses beschlossen worden." Großer Applaus ist Hahnen mit dieser Gegenüberstellung sicher. Skepsis seitens der Zuhörer bleibt aber angesichts der Kosten nicht aus, ebenso ist bei Hahnens Forderung nach einer vierten Gesamtschule Zurückhaltung zu spüren.

Aufdrehen kann der Kandidat noch einmal beim letzten Themenkomplex des Abends: dem Verkehr. So gibt er sich - mittlerweile selbstsicherer geworden - energisch in punkto Tunnel für die A57: "Nur wenn alle Ratsfraktionen kämpfen, haben wir eine Chance." Erneut ein Seitenhieb auf die CDU, die sich derzeit nur mit Lärmschutzwänden in Höhe Oppum zufrieden geben will.

Im Laufe des Abends ist Ulrich Hahnen sichtlich entspannter geworden, poltert nicht - wie so oft als Fraktionsführer - seine Polemik heraus, sondern hält sich fair zurück. Auch wenn er dabei nicht vergisst, immer wieder die eine oder andere Spitze zu platzieren. Und so kann er zum Schluss nonchalant Günter Wolff (CDU) in sein Kompetenzteam berufen. "Weil diesem das Thema Innenstadt wirklich am Herzen liegt. Und weil er in meinem Team die Möglichkeit hätte, es umzusetzen." Spricht’s, grinst und verabschiedet sich für diesen Abend von der Wahlkampfbühne.

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