Uerdinger entdeckte Machu Picchu

Rudolph August Berns wuchs in der Rheinstadt auf — ein Roman basiert auf seiner Geschichte.

Uerdinger entdeckte Machu Picchu
Foto: dpa

Uerdingen. Das Leben des US-amerikanischen Archäologen Hiram Bingham diente als Inspiration für den Kino-Abenteurer Indiana Jones, der vom Star Harrison Ford dargestellt wurde. Bingham entdeckte im Jahr 1911 die legendäre Inka-stadt Machu Picchu — das dachte man lange Zeit. Seit 2008 weiß man aber, dass der Deutsche Rudolph August Berns schon vor ihm da war. Bereits 1876 fand Berns die 2400 Meter hoch gelegenen Ruinen in den peruanischen Anden. Und über Berns gibt es jetzt wenigstens einen Roman.

Die Schriftstellerin Sabrina Janesch lässt „Die goldene Stadt“ in Uerdingen beginnen, denn dort wurde Rudolph August Berns 1842 geboren. Sie hat das Leben Berns umfangreich recherchiert. Am Ende des Buchs dankt sie unter anderem Mitgliedern des Uerdinger Heimatvereins „für wichtige Einblicke in die Geschichte der Familie Berns in Uerdingen“.

Berns war das erste Kind des Kaufmanns Johann Berns und seiner Frau Caroline, die aus Solingen stammte. Die Familie wohnte in Johann Berns Elternhaus in Uerdingen. Zusammen mit seinem Vater betrieb Johann Berns eine Weinhandlung. Man verkehrte mit dem „alten Melcher, Besitzer der größten Destillerie Uerdingens“. Dessen Uerdinger Doppelwacholder gehörte zum Warenbestand der Weinhandlung.

Zitat aus dem Buch „Die goldene Stadt“ von Sabrina Janesch

Die Familie Melcher wird ihre Firma später nach ihrem Hauptprodukt benennen. Das ist der Dujardin, ein Cognac. Der Kolonialwarenhändler Herbertz, der Bäcker Stinges, der Brauereibesitzer Wienges tauchen auch im Roman auf, das sind heute noch in Krefeld präsente Namen.

„Die Weinhandlung (des Vaters) war ein unerträglich langweiliger Ort für einen Jungen wie Rudolph“, schreibt Janesch, die Schilderung der Uerdinger Jugendzeit von Berns dient ihr vor allem zu einer grundlegenden Charakterisierung ihres Helden.

Der Großvater nennt den Jungen einen „Hans Guck-in-die-Luft“, die Mutter hält die phantastischen Geschichten, die ihr Sohn erzählt, für „Lügen“. Der Vater gesteht ihm immerhin zu: „Der Junge hat Phantasie.“ Tagträume führen Rudolph August Berns in die Zeit der alten Römer, aber Janesch schreibt ihm auch schon ein Interesse an Reiseberichten aus Peru zu, in denen das legendäre „Gold der Inka“ eine große Rolle spielt. Mit einem Seemann, der in Uerdingen seinen Ruhestand verlebt, geht der Junge auch am Rheinufer Gold waschen.

Auf Seite 48 ist das Uerdinger Leben der Familie Berns im Roman vorbei. Man zieht nach Berlin, der Vater betreibt dort wieder eine Weinhandlung. Als er 1858 stirbt, kehrt die Mutter nach Solingen zurück, heiratet erneut, bekommt weitere Kinder. In Berlin lässt Janesch den jungen Rudolph August Berns aber noch eine wunderbare Begegnung erleben.

Zufällig trifft Berns auf den großen Naturforscher Alexander von Humboldt und verwickelt ihn in ein Gespräch über die magische Goldstadt „El Dorado“. „Schatzsuche“, gibt von Humboldt Berns schließlich mit auf den Weg, „sei keine Arbeit, sondern Wahnsinn!“

Von diesem „Wahnsinn“ aber lässt sich Berns einfach nicht abbringen. Er heuert als Matrose an, um in sein Sehnsuchtsland Peru zu gelangen. Dort wird er zum Kriegshelden, dann zum Ingenieur und kommt Stück für Stück der Stadt seiner Träume näher. Auf dem Gebiet einer Goldmine, die er erworben hat, entdeckt er schließlich eine verlassene Inkastadt, die später nach dem nahegelegenen Berggipfel Machu Picchu benannt werden wird. Von Gold findet Berns darin allerdings keine Spur . . ..

Janeschs Roman ist Fiktion, eine gelungene Mischung aus Dichtung und Wahrheit. Sie macht aus dem Leben des Uerdinger Berns einen Abenteuerroman, der von der Kritik überwiegend als fesselnde Lektüre eingestuft wird. Sie setze Berns „ein zärtliches Denkmal“, bescheinigt ein Rezensent der Autorin.

Wann und wo Berns gestorben ist, weiß niemand. Seine Spur verliert sich 1888. Im Buch aber lässt Janesch den Uerdinger noch einmal auftauchen. 1911 soll er in der Nähe von Machu Picchu auf einen amerikanischen Archäologen getroffen sein. Das ist natürlich Hiram Bingham, der die Inka-stadt durch seine Entdeckung erst wieder bekannt gemacht hat.

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