Überfordert und unterbezahlt

Vor 150 Jahren wurde die Polizei in Krefeld kommunalisiert. Die Geschichte der Behörde zwischen Revolution und Bismarck.

Krefeld. Am 1. Januar 1860 wurde die Polizei in Krefeld kommunalisiert. Zuvor, seit 1852, gab es einen königlichen, das hieß für Krefeld preußischen, Polizeiinspektor. Dieser Inspektor hieß Walther und amtierte in der unruhigen Zeit nach der fehlgeschlagenen Deutschen Revolution von 1848/49. Die Grundlage für sein Amt war 1850 mit dem Inkrafttreten des preußischen Gesetzes über die Polizeiverwaltung geschaffen worden.

Dieses Gesetz bestimmte, dass die Ortspolizei eine staatliche, von der Gemeindeverwaltung auszuführende Aufgabe ist. Das bedeutete, die Gemeinde musste die Kosten für die Polizei tragen, während die Einstellung von Polizisten einer übergeordneten staatlichen Genehmigung bedurfte. Polizei und Verwaltung erließen gemeinsam ortspolizeiliche Vorschriften.

Diese Vorschriften beschränkten sich nicht nur auf die heute üblichen Tätigkeitsgebiete der Polizei, die man mit Schutz der Person und des Eigentums und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung beschreiben kann. Die Polizei hatte damals baupolizeiliche, gesundheitspolizeiliche, feuerwehrtechnische Rechte und Pflichten, regelte den Marktverkehr, kümmerte sich um Gewerbe und Handel, um Gaststätten und Beherbergungsbetriebe und natürlich auch um die Kontrolle des Alkoholausschanks (der als Quelle vieler Übel angesehen wurde), um das Meldewesen und schließlich sogar um Flur, Feld, Wiesen und Wälder. Mit anderen Worten, sie war - nicht nur aus heutiger Sicht - mit ihren Aufgaben vollkommen überfordert.

Und dazu, wie verschiedene Krefelder Quellen aus damaliger Zeit offenlegen, hoffnungslos unterbezahlt. Und deswegen möglicherweise - da schweigen die Quellen aber eher - auch in Interessenkonflikten. Es war jedenfalls nicht unüblich, dass Polizisten noch einen "Nebenberuf" hatten. Krefeld hatte zu dieser Zeit knapp 53000 Einwohner.

Unter diesen Umständen bat Walther 1851 den Krefelder Rat um seine Pensionierung. Dies wurde ihm unter Gewährung einer Pension von 400 Talern gestattet. Als aber die Krefelder Politik diese 400 Taler dadurch wieder "hereinholen" wollte, dass sie das Salär des Nachfolgers um eben diese Summe beschnitt, schaltete sich die Düsseldorfer Regierung ein und ernannte einen Inspektor zu den alten finanziellen Konditionen. Die Krefelder mussten den neuen Polizeichef, den Polizeiinspektor mit Namen Junkermann, mit 800 Talern besolden.

Der stockte den Polizeikader der Stadt auf, verlangte bessere Bezahlung für die Sergeanten und unteren Ränge, sorgte dafür, dass nicht polizeispezifische Aufgaben auf zivile Beamte übertragen wurden und bemühte sich um weitere Reformen.

Die Stadt ihrerseits versuchte, die finanziellen Belastungen für ihre Kassen so klein wie möglich zu halten, was schließlich sogar das preußische Innenministerium auf den Plan rief. Die Krefelder mussten klein beigeben.

1859 wurde Junkermann durch den Polizeiinspektor Viedebandt abgelöst. Der erhielt mittlerweile 1100 Taler jährlich, plus 200 Zulage, was ein nicht unbeträchtlicher Fortschritt im Vergleich zum Amtsbeginn seines Vorgängers war.

Die übergeordneten Behörden zeigten sich zufrieden. So wurde Krefeld und seinem damaligen Oberbürgermeister Ludwig Heinrich Ondereyck - er amtierte von 1848 bis 1872 - im Jahr 1860 wieder die kommunale Polizeiverwaltung übertragen.

Die arbeitete durchaus erfolgreich - denn nur 20 Prozent der angezeigten Straftaten blieben unaufgeklärt.

Heute nur schwer vorstellbar war die Tatsache, dass einer der Polizeikommissare teilweise von Seidenfabrikanten und -händlern bezahlt wurde. Sein Hauptaugenmerk dürfte daher auch dem Seidendiebstahl und der damit verbundenen Hehlerei gegolten haben. Damals schien sich niemand dran zu stören.

Fakt ist jedenfalls, dass der Rat der Stadt Krefeld erst 1871, unter der Berücksichtigung der Beamtenbesoldung in den umliegenden Städten, das Salär der Polizei auf ein auskömmliches Maß heraufsetzte. Eingangsgehälter betrugen 270 Taler, auch die Gehälter der oberen Ränge wurden heraufgesetzt, ein Kommissar bekam 700 Taler, der Polizeisekretär immerhin noch 450 Taler. Aber durch den Beginn des deutsch-französischen Kriegs (1870/71) sparte die Stadt in Wirklichkeit schon wieder, denn viele Polizisten waren zum Militär einberufen worden.

Am 1. Juli 1927 wurde die Krefelder Polizei wieder verstaatlicht. Schon am 1. April 1934 organisierten die Nazis diese verstaatlichte Polizei völlig um. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Polizei wieder einmal kommunal. Und erst seit 1954 ist die Polizei eine Landesbehörde, so wie wir sie heute kennen.

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