Krefeld Tödlicher Überfall auf Tönisvorster Rentner - Verteidiger verzögern Verhandlung

St. Tönis/Krefeld. Ein 81 Jahre alter Rentner wird in seinem Haus in St. Tönis überfallen und misshandelt. Die 19 bis 24 Jahre alten Beschuldigten sollen ihn im Oktober 2014 zu Boden gebracht, ihn geschlagen, in den Schwitzkasten genommen und mit einem Elektroschocker verletzt haben.

Zwei der Angeklagten mit ihren Verteidigern am Mittwoch im Landgericht in Krefeld.

Zwei der Angeklagten mit ihren Verteidigern am Mittwoch im Landgericht in Krefeld.

Foto: Sebastian Paschold

Er sollte verraten, wo er seinen Tresorschlüssel versteckt hält. Die Täter sollen 80 000 Euro in dem Safe vermutet haben — doch der Tresor war leer.

Aufgrund der Misshandlungen sei der Mann gestorben, heißt es in der Urteilsbegründung des Landgerichts Krefeld Anfang 2016 — nach mehr als 20 Verhandlungstagen. Die fünf jungen Leute werden wegen „Raubes mit Todesfolge“ und „unterlassener Hilfeleistung“ zu Haftstrafen zwischen sechseinhalb und zehn Jahren verurteilt. Den Anklagevorwurf des Mordes hatte das Gericht als nicht erwiesen angesehen.

Der Fall wird seit Mittwoch neu verhandelt, weil der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil des Landgerichts Krefeld aufgehoben hatte. Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten Revision eingelegt. Indem sie den gefesselten Schwerverletzten hilflos seinem Schicksal überließen, hätten sie seinen Tod möglicherweise in Kauf genommen und damit einen Mord begangen, so das Bundesgericht.

Der erste Verhandlungstag lässt erahnen, dass die Neuverhandlung zahlreiche weitere Termine benötigen wird. Der Auftakt geriet zur Paragrafenschlacht. Erst nach vier Stunden kam die Staatsanwaltschaft dazu, die Anklage vorzutragen: „Die Angeklagten haben billigend in Kauf genommen“, dass der 81-Jährige sterben könnte, so die Staatsanwältin. Zwei der vier angeklagten jungen Männer seien zunächst ins Haus gelangt und hätten sofort damit begonnen, auf den 81-Jährigen einzuschlagen. Eine weibliche Angeklagte habe ihm später mit einem Elektroschocker zugesetzt.

Die Angeklagten sahen während der Verlesung der Anklageschrift in die Luft. Die Verhandlung hatte zuvor noch nicht begonnen, da wurde sie mit Anträgen der Verteidiger für Stunden in die Länge gezogen. Bereits in der ersten Prozessphase im Jahr 2015 war das die Taktik der Verteidiger. Am Mittwoch ging es dann mit einer sogenannten Besetzungsrüge los.

Der Verteidiger der weiblichen Angeklagten warf dem Gericht in Krefeld vor, mit Stellen „rangiert“ zu haben, um für die Verhandlung einen bestimmten Ergänzungsrichter einzusetzen. Der war nötig geworden, weil der Vorsitzende Richter — je nach Dauer der Verhandlung — bereits vor Prozessende in den Ruhestand gehen könnte. Der Verteidiger erläuterte ausführlich, wie die „kammerinterne Geschäftsverteilung“ geregelt ist. Die Aufteilung der Arbeit auf die verschiedenen Richter sei ohne ausreichende Begründung geändert worden. Der „Anspruch auf einen gesetzlichen Richter“ sei damit verletzt worden. Alle Verteidiger schlossen sich der Rüge an. Die Verhandlung wurde mehrmals unterbrochen.

Der Richter wies die Rüge als unbegründet zurück und erläuterte die Belastungssituation der Strafkammern. Dafür zählte er alle angesetzten Sitzungstage des laufenden Jahres auf.

Der Verteidiger der Angeklagten ließ sich davon wenig beeindrucken und bezeichnete das Gericht in Krefeld als „Provinzgericht“, um im Anschluss zu monieren, dass auf der Internetseite des Gerichts nicht die vollständige Begründung für die personellen Änderungen veröffentlicht wurden. „Das, was das Gericht ins Internet stellt, sollte vollständig sein“, sagte er. Außerdem könne trotzdem nicht „Verschiebebahnhof“ bei der Besetzung der Richter gespielt werden.

Der Verteidiger beantragte die Verhandlung für eine Woche zu unterbrechen. Der Richter widersprach nach einer erneuten Pause mit Bezug auf die Strafprozessordnung. Das hielt einen weiteren Verteidiger nicht davon ab, ebenfalls eine Besetzungsrüge einzureichen, der sich weitere Verteidiger anschlossen. Durch die Verzögerungen konnte der Richter erst Stunden später damit beginnen, die Personalien der fünf Angeklagten abzugleichen. Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt.

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