Prozess System-Anrufe bei 270 000 Geschädigten

Im Verfahren gegen den 37-Jährigen B. schweigt der mutmaßliche Kopf der Betrüger-Bande weiter zu den Vorwürfen.

Prozess: System-Anrufe bei 270 000 Geschädigten
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Beim zweiten Verhandlungstag am Krefelder Landgericht im Prozess um den mutmaßlichen Kopf einer Betrüger-Bande ging es ins Detail. Sie soll über systematische Telefonverkäufe rund 270 000 Menschen geschädigt und dabei einen Schaden von rund 66 Millionen Euro verursacht haben. Ein Experte der Polizei gab Aufschluss darüber, wie die vom Angeklagten in Auftrag gegebenen systematischen Telefonverkäufe von Abonnements für Gewinneintragungsdienste und Lottotippgemeinschaften abgelaufen sein sollen.

Die Anrufe, bei denen Callcenter-Agenten mit Traumreisen, Häusern und edlen Autos gelockt haben sollen, kamen unter anderem aus einem Krefelder Callcenter in der Nähe des Hauptbahnhofes. Die Masche der Betrüger war darauf ausgelegt, zeitgleich bis zu 100 Menschen wahllos anzurufen.

Die Auswahl der Kunden erfolgte durch ein automatisiertes Anwahlprogramm. Für die Callcenter-Mitarbeiter wurde erst sichtbar, wer am anderen Ende den Hörer abnahm, wenn die Leitung stand. War dies der Fall, befolgten die Callcenter-Mitarbeiter einen Leitfaden, der unter anderem vom Angeklagten ausgearbeitet worden sei.

„Sobald der Name genannt worden war, begann das zuvor erarbeitete Gesprächsschema“, sagte der Experte. Dazu gehörte auch die Masche, die Menschen zu Beginn des Gesprächs mit dem Satz: „Sie sind bei uns als Kunde eingetragen“ abzufangen. Das Vorspielen der Tatsache, dass man als Kunde bereits bei verschiedenen Gewinnspieleintragungsdiensten registriert sei und deshalb weitere fällige Zahlungen leisten müsse, waren bewusste Täuschungen, denen sich viele der Geschädigten verpflichtet fühlten, Folge zu leisten.

Für die Ermittler galt es bei der Aufklärung des Sachverhalts aber auch zu prüfen, ob die versprochenen lukrativen Gewinnmöglichkeiten und die tatsächlichen Dienstleistungen übereingestimmt hätten.

Der Angeklagte schwieg wie auch schon am ersten Tag zu den Vorwürfen. Ein anonymes Schreiben hatte die Ermittler auf die Spur des 37-Jährigen gebracht. Dass die Ermittlungen über Jahre andauerten, lag unter anderem daran, dass die Betrüger-Bande auch aus dem Ausland operiert haben soll. Der Prozess wird fortgesetzt.

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