WZ-Serie "Neues Zuhause" Syrische Familie lebt in Krefeld zwischen Heimweh und Hoffnung

WZ-Serie "Neues Zuhause": 2015 sind Yassr und Rim Altoma mit ihren Kindern Lim, Ammar und Yamama vor dem Krieg in Syrien geflohen. In Krefeld wollen sie nun eine Arbeit finden.

WZ-Serie "Neues Zuhause": Syrische Familie lebt in Krefeld zwischen Heimweh und Hoffnung
Foto: abi

Krefeld. Die sechsjährige Lim sitzt auf dem Sofa im Wohnzimmer und spielt gedankenverloren mit ihrem Spielzeug. Ein Anblick, die für viele das Natürlichste der Welt ist, der aber Mutter Rim an manchen Tagen noch immer Tränen in die Augen treibt. Denn vor genau zwei Jahren gehörten anstatt Spielen und Lernen ein Krieg und das Überleben zum Alltag der Familie.

Wenn Rim Altoma heute über die Flucht von Syrien nach Deutschland spricht, klingt das, als sei es erst gestern gewesen, dass die Familie nach Deutschland kam. Fast zwei Jahre ist es mittlerweile her, doch an den Tag erinnert sich Rim Altoma noch genau: „Es war in der Nacht vom 19. auf den 20. September 2015“, erzählt die Mutter von drei Kindern. Ihre Wohnung in Syrien fiel den Bomben zum Opfer. Auch als es in eine Ersatzwohnung ging, war den Syrern schnell klar, dass sie weg und die Heimat verlassen mussten. Weg aus dem Land, in dem der Krieg Alltag war.

Die Eltern wollten eine bessere Zukunft für ihre Kinder Lim, Yamama und Ammar: „Es gab weder einen Kindergarten noch eine Schule“, berichtet die Ingenieurin, die sich gemeinsam mit ihrem Mann, der in Syrien als Arzt arbeitete, zur Flucht entschied. Jeder durfte nur eine Kleinigkeit mitnehmen, für mehr war kein Platz: „Wir beide haben unsere Zeugnisse mitgenommen, um nachzuweisen, dass wir als Ingenieurin und Arzt gearbeitet haben“, erklärt Rim Altoma.

15 Tage war die Familie von Syrien über die Türkei bis nach Deutschland unterwegs. Ein Ausnahmezustand, der Yassr Altoma auch heute noch tief bewegt: „Für die Kinder war die Überfahrt mit dem Boot schrecklich“, erinnert sich der Familienvater. 44 Personen saßen in dem winzigen Plastikboot, mit dem sie die Überfahrt nach Griechenland machten.

Zwei Freunde der Familie haben diese Überfahrt nicht überlebt. Die Altomas hatten Glück. Sie erreichten das griechische Festland und damit die Möglichkeit für eine neue Zukunft. Eine Zukunft, die sich zunächst als sehr ungewiss erwies, wie Lim Altoma berichtet: „Die ersten vier Monate waren sehr hart. Wir konnten die Sprache nicht und die Kultur war ganz anders.“ Die Familie wurde aber freundlich aufgenommen und bekam Unterstützung im Alltag — unter anderem von den Ehrenamtlern der Helfenden Hände.

Bereits nach wenigen Monaten wurde es für die Kinder, die schnell die neue Sprache lernten, leichter. Auch Yassr und Rim sind sehr engagiert, Deutsch zu lernen. Mit Erfolg. Mittlerweile besuchen beide den B1-Sprachkurs und warten darauf, dass ihre Zeugnisse vom Jobcenter anerkannt werden, damit sie auch in Deutschland arbeiten können. Leicht ist es für die Familie, die seit einem Jahr eine feste Wohnung hat, trotzdem nicht. Die Großeltern leben noch in Syrien. „Das Internet funktioniert in Syrien leider nicht immer und wir machen uns jeden Tag große Sorgen“, sagt Rim Altoma.

Es sind schreckliche Bilder, die die beiden oftmals aus ihrer Heimat im Fernsehen sehen und die sie jedes Mal aufs Neue hoffen lassen, dass ihre Angehörigen überlebt haben. Weiter überleben. Genau wie die Geschwister, die nicht geflohen sind, sondern in der Heimat ausharren und hoffen, dass der Krieg endlich ein Ende findet.

Das wünschen sich Rim und Yassr von ganzem Herzen. Sie vermissen Syrien, ihre Heimat und die Eltern, hoffen aber auch, in Deutschland eine neue Zukunft aufbauen zu können: „Wir möchten so gerne wieder in unseren Berufen arbeiten“, erklärt Rim Altoma, während sie ihre sechsjährige Tochter beim Spielen beobachtet. Nach den Sommerferien wird Lim die erste Klasse einer Krefelder Grundschule besuchen. Für sie und ihre Geschwister sind die Weichen gestellt, damit sie später Chancen auf eine bessere Zukunft haben — in der alten oder in der neuen Heimat.

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