Videointerview SWK-Geschäftsführer Liedtke: "In Krefeld bleibt das Licht an"(mit Video)

Krefeld. Carsten Liedtke ist nicht als Lautsprecher bekannt, dafür als Mann deutlicher Worte. Die findet der Energie-Geschäftsführer der Stadtwerke Krefeld im WZ-Interview über den wankenden Riesen RWE, die Auswirkungen auf Krefeld, chaotische Energiepolitik und gesellschaftliche Verantwortung der „eierlegenden Wollmilchsau“ unter den städtischen Töchtern.

Carsten Liedtke ist Geschäftsführer der SWK Energie und Sprecher des Vorstands der Stadtwerke.

Carsten Liedtke ist Geschäftsführer der SWK Energie und Sprecher des Vorstands der Stadtwerke.

Foto: swk

Herr Liedtke, vor den SWK gibt es in Krefeld kein Entkommen. Ist man als Stadtwerke-Chef so ein bisschen Bürgermeister?

Carsten Liedtke: Wie meinen Sie das?

Whatsapp-Dienst, Krefeld-App, Pinguine, Renntage, Theaterball — der Stromversorger ist als Überbringer der guten Nachricht quasi allgegenwärtig.

Liedtke: Naja, immerhin stehen wir auch im Fokus, wenn Preiserhöhungen oder Baustellen angekündigt werden. Als Bürgermeister sehe ich mich definitiv nicht, aber wir wollen, dass sich die Kunden umsorgt fühlen. Dazu gehört unsere Kernkompetenz als Energieversorger oder die Versorgung mit dem wichtigsten Lebensmittel Wasser. Aber wir haben eben z.B. als Grundversorger auch einen sozialen Auftrag in dieser Stadt.

Warum bieten Sie dann nicht den billigsten Strom?

Liedtke: Weil das allein nicht unser Auftrag ist. Der Preis ist nur eine Komponente. 20 Prozent unserer Kunden zahlen in bar, 8000 Krefelder stottern in Ratenzahlung ab, 2500 Haushalten per anno müssen wir den Strom sperren, um dann Wege zu finden, ihn wieder freizugeben. Glauben Sie, das würden die Strom-Discounter machen, die bundesweit Cherrypicking betreiben? Im Gegenteil, die würden die zahlungsschwächere Klientel gar nicht erst nehmen. Wir tun es, auch das gehört zu unserem Auftrag.

Ist es dann nicht gerecht, wenn ein Riese wie RWE plötzlich SOS funkt?

Liedtke: Nein, das ist für die Branche gar nicht gut, zumal RWE-Töchter wie RWE Power und Amprion wichtige Player auf dem Markt sind, die eine systemrelevante Aufgabe haben. Man kann ja zu Kohlekraftwerken stehen, wie man will, aber sie sind nach wie vor unverzichtbar. Wir sind als SWK jetzt komplett aus den fossilen Energien raus, weil wir uns das leisten konnten und das ist gut so. Aber viele andere eben nicht. Zudem scheint sich die Politik dazu verschworen zu haben, die Großkonzerne kaputtzumachen.

Das sind große Worte.

Liedtke: Und leider sehr richtige. Der Weg des Kohleausstiegs ist richtig, aber er wird unüberlegt und überhastet beschritten. Die Politik macht aus der Energiewende ein fortwährendes Experiment, es ist die sprichwörtliche OP am offenen Herzen.

RWE propagiert Versorgungsengpässe in Deutschland. Ist das wirklich denkbar?

Liedtke: Ja, absolut.

Laufen in der Energiepolitik nur Dummköpfe rum?

Liedtke: Sagen wir, dieser Aktionismus ist sehr stark ideologisch getrieben. Dies hat mittlerweile zu einem sehr komplizierten Regelwerk in der Energiewirtschaft geführt, das kaum jemand in Gänze überblickt.

Zum Beispiel?

Liedtke: Die Konzerne hatten ein flächendeckendes Marktmodell für die Stromerzeugung vorgeschlagen, den so genannten Kapazitätsmarkt, um bei Engpässen die Versorgung zu sichern. Wenn also die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht. Das wollte Berlin nicht. Stattdessen haben wir nun vier verschiedene Reserve-Szenarien mit alten Kraftwerken. Oder schauen Sie ganz konkret zum Kraftwerksprojekt von Trianel in Krefeld. Da bewegt sich leider auch nichts.

Wäre es da nicht clever, sich von den RWE-Aktien zu trennen, wie es viele andere Gesellschafter tun, darunter viele große Ruhrgebietsstädte? Immerhin besitzen die Stadtwerke noch satte 840 000 Aktien.

Liedtke: Die Stadt Krefeld hat ihre ja bereits verkauft, wir tun das derzeit aber nicht. Gut, wir hatten mit 80 Cent Dividende pro Aktie gerechnet für 2015, jetzt gibt es nichts, uns fehlen also etwa 650 000 Euro. Das haut uns bei einem Gesamtumsatz von 1,2 Milliarden Euro aber nicht um.

Kein gutes Argument.

Liedtke: Doch. Weil im derzeitigen Aktienkurs Potenzial steckt. Sehen Sie, im November stand die Aktie bei knapp 9 Euro, nach dem Entscheid, die neue Tochter auszugliedern, hat der Kurs gleich angezogen.

Die SWK stehen gut da, den Nachbarstadtwerken geht es nicht allen gut. Zum Beispiel Duisburg. Geht da ein strategischer Blick hin?

Liedtke: Wenn Sie meinen, dass wir Kapital daraus schlagen wollen, heißt die Antwort nein. Wir können anderen Marktteilnehmern sicher nicht direkt helfen, sind aber immer interessiert an sinnvollen Kooperationen.

Was kann das sein?

Liedtke: Etwa das, was wir schon tun, nämlich gemeinsam über unsere Beschaffungsgesellschaft Quantum Strom und Gas einzukaufen. Dazu bergen die ständig neuen Regularien neben Herausforderungen auch Chancen. Ab 2017 sollen Haushalte ab einer bestimmten Verbrauchsklasse mit digitalen Zählern ausgestattet werden. Die müssen dann gewartet, installiert, abgelesen werden. Hier können regionale Kooperationen Sinn machen.

Zurück zum „Umsorger“ von Krefeld. Wie steht es um den neuen Dienst „SWK live“? Wie laufen die App-Pläne?

Liedtke: Unser Whatsapp-Dienst „SWK live“ wird fleißig genutzt. Kürzlich stand eine Bahn wegen eines Unfalls, ein Mann meldete sich bei uns, um zu erfahren, ob er rechtzeitig noch zum Sporttraining kommen kann. Keine große Sache, für den Mann schon. Unsere neue „Krefeld-App“ soll von der Pizza-Speisekarte bis zur Öffnungszeit des Sportladens in der City alle relevanten Infos rund um Krefeld bieten.

Glauben Sie, das setzt sich durch?

Liedtke: Ich bin mir sicher. Wer möchte denn nicht umsorgt werden.

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