Streetworker: „Es gibt keine Alternative zum Theaterplatz“

Die Streetworker sind Ansprechpartner für die Szene und für diejenigen, die sich von ihr gestört fühlen.

Krefeld. Die feuerwehrrote Tasche mit dem Caritas-Aufdruck hängt immer über ihrer Schulter, wenn Thorsten Henkel und Stephanie Trippelsdorf den Theaterplatz betreten. Die beiden Streetworker suchen täglich den Kontakt zu den Drogenabhängigen, die sich dort im vorderen Teil nahe des Ostwalls zu jeder Jahreszeit treffen. Doch sie sind nicht nur Ansprechpartner für die Süchtigen, sondern auch für alle diejenigen, die sich durch diese Szene belästigt und bedroht fühlen (die WZ berichtete).

"Es gibt keine Alternative in Krefeld zum Theaterplatz", sagen der 42-Jährige Henkel, seine Kollegin und die Leiterin der Bereiche Streetwork und Café Pause, Andrea Rother, unisono. Eine solche Szene treffe sich immer an zentralen Stellen, anderenorts sogar am Hauptbahnhof. Da sei der Theaterplatz schon eher geeignet, gut erreichbar und vor allem auch gut einsehbar. Zur Deeskalation stehen die Streetworker deshalb regelmäßig in Kontakt mit den Chefs von Mediothek, Theater und Seidenweberhaus sowie den Mitarbeitern der Tiefgarage.

"Eine Vertreibung unserer Klienten vom Theaterplatz würde unsere Arbeit massiv erschweren", gibt Henkel zu bedenken. Gerade für solche Menschen, deren Tagesablauf davon bestimmt ist, von welchem Geld und wo sie neue Drogen beschaffen können, ist aufsuchende Hilfe oftmals die einzige wirksame Hilfe. "Wir sind Vermittler zwischen Klient und Drogenhilfe, aber auch zwischen Behörden und Staatsanwaltschaft."

In Watte packt Henkel die Drogenabhängigen dennoch nicht, auch wenn Sucht eine anerkannte Krankheit ist: "Sie müssen sich ihrer Verantwortung stellen." Dazu gehöre auch für die, die sich regelmäßig auf der Platte aufhalten, den Theaterplatz sauber zu halten, Unrat zu beseitigen sowie Spritzen und Nadeln nicht rumliegen zu lassen.

Während Besucher des Parkhauses oder der Mediothek nur eine große Gruppe nahe des Ostwall rumstehen sehen, unterteilen Henkel und Trippelsdorf die im Durchschnitt 30 bis 40Stamm-Drogenabhängigen aus Krefeld in zwei Gruppen. In die der Konsumenten, die sich - um nicht auf Entzug zu kommen - alle paar Stunden neues Heroin besorgen müssen. Und in die Gruppe der Substituierten, die im Rahmen des Methadon-Programms die Ersatzsubstanz von niedergelassenen Ärzten verabreicht bekommen. Das sei die Mehrzahl. Viele von ihnen konsumieren zusätzlich Alkohol und Tabletten, um die Nebenwirkungen von Methadon zu beeinflussen.

Die Substitution ist ein Weg zur Stabilisierung. "Nur wenn Menschen stabil sind, sind sie auch für nachhaltige Hilfsangebote offen", sagt Henkel. Wer hingegen nur damit beschäftigt sei, Geld für neuen Stoff zu besorgen, der habe keine Energie für den mühsamen Ausstieg. Und die Sucht sei teuer. Henkel: "Ein schwerst Drogenabhängiger benötigt bis zu drei Gramm am Tag, bei einem durchschnittlichen Preis von zehn Euro pro 0,2Gramm macht das täglich 150 Euro."

Henkel: "Das Mitführen von Betäubungsmitteln ist strafbar. Das wissen unsere Klienten und konsumieren den Stoff oftmals sofort an Ort und Stelle." Dazu zögen sie sich häufig in die Notausgänge oder die untere Etage der Tiefgarage zurück. Für Personal und Parker ein Ärgernis.

Dieses Problem könnte man in den Griff bekommen, indem die Notausgänge von außen vergittert würden und nur von Innen im Notfall zu öffnen wären. Der Einrichtung eines Drogenkonsumraums steht das Caritas-Team skeptisch gegenüber. "Das würde das gesamte Budget unserer örtlichen Drogenhilfe verschlingen", sagt Rother. Darüber hinaus sei es nur für einen ausgewählten Kreis nutzbar. Aber nicht für die, die substituiert werden, die nicht aus Krefeld kommen oder minderjährig sind. Auch müssten die Konsumenten ihren Personalausweis vorlegen, was sie aus Angst vor Strafe nicht tun würden.

Deshalb setzen Henkel, Trippelsdorf und Rother neben ihrer Sozialarbeit auf eine bauliche Veränderung des Theaterplatzes, wie sie dem "Runden Tisch", einem Arbeitskreis aus Vertretern aus Politik, Verwaltung, Polizei und Drogenhilfe, vorschwebt. "Damit alle Besucher dieses öffentlichen Platzes ansatzweise zufrieden sein können", sagt Henkel.

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