Krefelder trotzen den Minusgraden mit Tai Chi

Bernd Schwenke lehrt den chinesischen Sport im Schönwasserpark. Seine Schüler und er lassen sich vom Winter nicht vertreiben.

Krefeld. Langsam einatmen, die Luft in den Bauch fließen lassen, ruhig wieder ausatmen. Gleichzeitig mit den Händen Wolken wegschieben, Wolken teilen oder den Affen vertreiben und den Blick über den Schönwasserpark schweifen lassen.

Tai Chi-Lehrer Bernd Schwenke macht vor, wie es geht. Ruhig und fließend sollen die Bewegungen sein, ob man damit nun Wolken teilt oder Affen vertreibt. Schon seit vier Jahren lehrt er Tai Chi und Qi Gong im Park — auch bei Minusgraden.

„Wie viele kommen, ist unterschiedlich, aber vor allem im Herbst und im Winter ist es meist eine eingeschworene Gruppe“, sagt er. Dieses Mal sind fünf Teilnehmer dabei. Mit Schals, Mützen und dicken Jacken haben sie sich gegen die Kälte gewappnet. „Von der Kälte lassen wir uns nicht abschrecken, wir waren sogar einmal bei minus zehn Grad da“, berichtet Schwenke. „Wenn man sich bewegt, geht es. Und das ist ja gerade der Charme der Sache: Wir stellen uns der Natur.“ Im Frühjahr sei die Begeisterung natürlich größer, im Winter müsse man sich schon einmal überwinden. „Dafür spüren wir so alle Jahreszeiten am Körper.“

Auf die Idee, Tai Chi und Qi Gong im Park zu unterrichten, kam Schwenke durch die Olympischen Spiele 2008 in Peking. „Da wurde viel Tai Chi in den Parks gezeigt und dann habe ich gedacht, dass ich das in Krefeld auch so machen könnte“, erzählt er. Qi Gong und Tai Chi gehörten zur chinesischen Medizin. „Beides dient der Vorsorge und überschneidet sich stark“, sagt Schwenke.

Die Übungen sehen auf den ersten Blick nicht schwer aus. Ein bisschen in die Knie gehen, die Arme ausbreiten, die Hände heben und wieder senken. Doch wer zu sehr auf seine Hände achtet, vergisst, bewusst zu atmen, wer auf seine Atmung achtet, vernachlässigt die Hände. Zu schnell darf man auch nicht sein — schließlich geht es um „bewegte Entspannung“, wie Schwenke erklärt. Um Anspannung dagegen nicht, Körperspannung gehört zum Turnen, aber nicht zum Tai Chi. Lockerlassen ist die Hauptsache. Ganz schön gewöhnungsbedürftig, dieses bewusste Langsamsein. „Dem Harten mit Weichem begegnen“, fasst der Lehrer zusammen.

„Das ist so komplex, auch wenn man die Übung zum tausendsten Mal macht, lernt man noch dazu“, meint Uta Deilmann. Da fühlt man sich als leicht überforderter Anfänger gleich besser. Seit vier Jahren ist Deilmann dabei. „Erst dachte ich, das wäre Rentnergymnastik, aber es gibt einem ein tolles Gefühl und Energie für den Tag“, berichtet die 45-Jährige. Besonders ihrem Rücken tue Tai Chi gut.

Eine Altersgrenze setzt Bernd Schwenke bewusst nicht. „Jeder, der stehen und sich ein bisschen bewegen kann, kann mitmachen“, betont er. Der Älteste ist Wolfgang Dittbrenner, seit Juli ist der 77-Jährige dabei. „Manche Folgen sind schon ein bisschen kompliziert, dann macht die linke Hand nicht das, was die rechte will“, sagt er. Aber er macht auch Mut: „Langsam aber sicher geht es, man gewöhnt sich an die Übungen.“ Auch an die Partnerübungen. „Ihr sollt Wurzeln schlagen“, gibt Schwenke vor. Standfest sein und nicht nach vorne kippen, wenn der Partner loslässt, nicht aus der Ruhe bringen lassen und natürlich: locker bleiben. Wenn man sich daran gewöhnt, teilt man die Wolken wie von selbst — und das mit der Atmung klappt bestimmt beim nächsten Mal.

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