Baudenkmäler: Das Klärwerk als Hauptdarsteller

Der Regisseur und Grimme-Preisträger Nikolas Geyrhalter drehte im denkmalgeschützen Gemäuer.

Uerdingen. Regisseur Nikolaus Geyrhalter hat das Gerüst auf einer Höhe von rund zehn Metern über den Absatzbecken des leerstehenden Klärwerks Rundweg aufbauen lassen. Nun steht der 40-jährige Wiener mit seiner Kamera in schwindelnder Höhe darauf und nimmt Teile des immer noch schönen, alten Bauwerks auf. „Ich muss in der Mitte stehen, auf Augenhöhe mit den Gegenständen, damit die Linien und Ecken im Bild gerade sind.“ So lautet die Begründung für die Klettertour.

Geyrhalter dreht in Uerdingen für seinen Dokumentarfilm „Irgendwann“. Der Regisseur hat im Internet nach leerstehenden Gebäuden gesucht und ist in Krefeld fündig geworden. „Ich drehe in zehn Tagen in halb Europa verlassene Orte“, berichtet er. Dieser gefällt ihm besonders gut. „Das Gebäude ist gut erhalten, ohne Graffiti, zerborstene Scheiben und Vandalismus.“ Gerade kommt das Drei-Mann-Team aus einer alten Teigwarenfabrik in Düsseldorf. Nachmittags fährt die Gruppe weiter nach Amsterdam.

„Irgendwann“ ist ein Film über die Endlichkeit menschlichen Seins, eine Rückschau auf die Menschheit und die Objekte der Zivilisation. Geyrhalter: „Was wird sein, wenn es den Menschen nicht mehr gibt? Was wird von uns bleiben? Leere Räume, Ruinen, zuwachsende Städte, rissiger Asphalt. Ich zeige unsere Lebensräume, nur ohne uns. Preisgegeben dem Verfall, oder besser gesagt: der Natur, die sich langsam zurückerobert, was wir ihr einst genommen haben.“

Der Regisseur dreht den Dokumentarfilm ohne Sprecher, ohne Kommentare und ohne Schauspieler. „Die Orte sind die Akteure. Ich produziere Filme, die Fragen stellen.“ Der Film „Irgendwann“ werde eine Ode an die Menschheit, betrachtet aus einem möglichen retrospektiven Szenario. Das Werk soll den Blick auf das Hier und Jetzt schärfen, das Bewusstsein für unsere Gegenwart.

Während das Filmteam arbeitet, haben die Vertreter des Fachbereichs Zentrales Gebäudemanagement (ZGM) ein waches Auge auf Gebäude und Geschehen. Boris Joswig ist der Herr der Klärwerk-Schlüssel. Der Oberbürgermeister habe der das alte Haus für den Dreh gerne zur Verfügung gestellt und lasse Grüße ausrichten, berichtet er. „Ich werde die Stadt im Nachspann des Films erwähnen“, verspricht Geyrhalter.

Und noch eine Info zum Schluss: „Das dreiteilige Gebäudeensemble mit Pumpwerk, Schieberhaus und Betriebsleiterhaus ist jetzt komplett unter Schutz gestellt“, berichtet Boris Joswig.

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